Bell 412
Auf einen Blick
Mit der Bell 412 hat die US-amerikanische Bell Helicopters Textron Inc. einen Hubschrauber im Programm, der international äußerst oft im Intensivtransport genutzt wird. Gerade in den USA ist dieser vergleichsweise große Hubschraubertyp vielfach im Einsatz, um schwer erkrankte bzw. verletzte Personen zwischen den einzelnen Schwerpunktkliniken zu verlegen.

Bell 412
Foto: Tobias Klein
Einsatzspektrum
Aber auch auf dem Markt der SAR-Hubschrauber hat sich die Bell 412 mit ihrer für diese Aufgabe sehr gut geeigneten Größe (Länge 17,10m über alles!) sowie u.a. der Option zur Aufnahme einer Rettungswinde etablieren können. Dabei stellt dieser Hubschrauber eine Weiterentwicklung der ebenfalls international sehr erfolgreichen Bell 212 dar, welche in Deutschland ebenfalls für die Luftrettung zum Einsatz kommt - allerdings auf dem primären Sektor als Zivilschutz- und Rettungshubschrauber des Bundesinnenministeriums. Auffälligster Unterschied zwischen den beiden Baumustern ist der Vierblattrotor der Bell 412 gegenüber der zweiblättrigen 212. Der Vierblattrotor hat zur Minderung der Lärmemissionen geführt, welche teilweise vehement seitens der Bevölkerung eingefordert wird, die nahe bei Luftrettungsbasen wohnt. Dies betrifft gerade die auch nachts einsatzbereiten Intensiv- Transporthubschrauber (ITH).
In der deutschen Luftrettung findet man die Bell 412 ausschließlich in der Sekundär-Rettungsfliegerei (Patiententransport zwischen Kliniken), und dort auch nicht besonders häufig. Dabei wird die Bell 412 ausschließlich von der HDM Luftrettung (ehem. "Hubschrauber Dienst Martinsried") eingesetzt. Derzeit findet man dieses Muster in der Variante 412 HP an den Stationen in
- Bad Berka (THÜ/ bei Erfurt),
- Berlin und
- Nürnberg (BAY).
Dort versehen die Hubschrauber schon längere Zeit ihren Dienst. Bis 2001 flogen die Maschinen mit einem Räder-Fahrgestell. Dieses erwies sich jedoch im Alltag nicht als praktisch. Inzwischen gibt es deswegen dieses Muster nur noch mit dem in der Luftrettung sehr viel häufiger Verwendung findenden Kufenlandegestell, welches zudem die kostengüstigere Lösung darstellt.

Bell 412 in der Variante mit Räderfahrwerk
Foto: Stefan Bergner
Einsatz bei der HDM Luftrettung
Alle vom HDM eingesetzten Bell 412 sind voll nachtflugtauglich, damit an den Standorten die Einsatzbereitschaft für Verlegungsflüge 24 Stunden am Tag - bei bestimmten Wetterminima - gewährleistet werden kann. Die Hubschrauber werden allerdings unter bestimmten Bedingungen auch primär nachts angefordert, um einen vom bodengebundenen Notarztteam bereits vorversorgten und stabilisierten Patienten zu übernehmen und in ein Krankenhaus zu fliegen. Generell fliegen die Bell 412 mit dem Double-Pilot-Verfahren, sprich mit einer fliegerischen Doppelbesatzung. Die Piloten besitzen eine Instrumentenflugberechtigung. Hinzu kommt von medizinischer Seite natürlich ein Rettungsassistent sowie der Notarzt. Von technischer Seite werden u.a. Instrumentenflug (IFR) - Ausrüstung, Wetterradar, Autopilot und Satellitennavigationssystem vorgehalten, um Flüge nach Instrumentenflugregeln sicher durchführen zu können.
Die Bell 412 sind grundsätzlich als Zweiturbinenhubschrauber konzipiert und erfüllen die neuen europäischen Luftfahrtvorschriften "JAR-OPS 3" der JAA, welche wesentlich gesteigerte Leistungsreserven von Hubschraubern fordert, die für HEMS-Aufgaben eingesetzt werden. Unter letztere fallen selbstverständlich auch Intensivtransporte.
Seit geraumer Zeit jedoch verringert sich die Anzahl der in Deutschland für ITH-Zwecke genutzten Bell 412. So wird in Regensburg als ITH inzwischen eine BK 117 eingesetzt. Generell werden oftmals BK 117 ersatzweise eingesetzt, wenn eine Bell 412 nicht verfügbar ist. Leider dezimierte auch ein tragischer Unfall den Bestand der Flotte, als der "ITH Berlin" (D-HHXX) im November 2002 bei Pritzwalk während der Nacht abstürzte und ausbrannte. Mehrere andere Bell 412 wurden an Abnehmer im Ausland verkauft. Seit dem Jahr 2003 hat das "Team DRF" die bis dahin in München geflogene Bell 412 durch eine neue EC 145 substituiert. Ob die in Berlin am Flughafen Tempelhof stationierte Bell 412 nun durch die nächste EC 145 des "Team DRF" ersetzt wird, ist noch nicht bekannt. Weitere EC 145 für das Team DRF stehen allerdings mit Stand 05/2007 auch noch nicht in Aussicht.

Bell 412 in unterschiedlichen Versionen und Lackierungen am HDM-Standort Bad Berka
Foto: Stefan Bergner
Dabei spricht in erster Linie die Forderung nach einer Reduzierung der Typenvielfalt in der Luftrettung gegen die Bell 412. Des weiteren schlägt die suboptimale Eignung der Maschine für die primäre Luftrettung negativ zu Buche. Aufgrund der äußeren Abmessungen der 412 ist es nicht ohne weiteres möglich, dieses Muster parallel im sogenannten Doppelnutzen als RTH und ITH zu betreiben. Hingegen verfügen neue Typen wie die EC 145 oder vergleichbare Produkte über die Nachtflugtauglichkeit sowie die Möglichkeit der Verwendung als ITH bei gleichzeitig deutlich geringeren Ausmaßen und somit der Eignung für die präklinische Notfallrettung. Die derzeit laufende Typenreduzierung wird die Kosten der Luftrettung durch sinkende Wartungskosten weiter verringern, was den Wünschen der Kostenträger entgegenkommt. Außerdem bleibt abzuwarten, in wie weit die Forderungen nach Hubschraubermustern noch zunehmen werden, die als Helikopter im Doppelnutzen wie z.B. "Christoph 77" (Mainz) einsetzbar sind.

Das angestammte Metier der Bell 412 sind Interhospitaltransfers
Foto: Tobias Klein
Deswegen ist es gut möglich, dass die Bell 412 'universeller' geeigneten Mustern in den nächsten Jahren weichen muss, was den deutschen Raum anbelangt. Und zum anderen gibt es bereits diverse andere Hubschraubermuster, namentlich die bekannten Typen der deutsch-französischen Unternehmensgruppe Eurocopter, die in Deutschland als RTH / ITH weit verbreitet sind. Dennoch bleibt festzuhalten, dass die Bell 412 ihre Aufgabe im Sekundärbereich sehr zufriedenstellend erfüllt und gemeinhin als zuverlässiges Baumuster gilt. Der manchmal "fliegende Intensivstation" genannte Typ bietet aufgrund seiner geräumigen Zelle und ca. 700km Reichweite für fliegerisches wie medizinisches Personal gute Arbeitsbedingungen gerade während Nachteinsätzen und langen Transferflügen.

Team einer Bell 412 im Luftrettungseinsatz
Foto: Stefan Bergner

Bell 412
Foto: n.n.
Letzte Textänderung: 03.03.2019
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Foto: DRF Luftrettung