MV: Weiter Warten auf vierten Rettungshubschrauber
05.08.2018
Schwerin (MVP) :: “Kommt vierter Rettungshubschrauber für MV?“ So lautete die Überschrift eines Online-Artikels des Norddeutschen Rundfunks (NDR), der am 30. April erschien. Die Landesregierung verstärke offenbar die Überlegungen für die Stationierung eines vierten Rettungshubschraubers in Mecklenburg-Vorpommern, hieß es darin. Dieser könne in Schwerin stationiert werden. Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU) sehe “den Bedarf, Notfalleinsätze rund um die Landeshauptstadt aus der Luft abzudecken. Die Rettung aus der Luft schaffe einen enormen zeitlichen Vorteil im Vergleich zum Transport von Patienten an Land“, hieß es in dem Artikel weiter. Ein Vierteljahr später geht rth.info der Frage nach, was sich in dieser Angelegenheit zwischenzeitlich getan hat.
Der Ist-Zustand
Im nordöstlichen Bundesland mit seinen 23.174 Quadratkilometern Fläche und rund 1,6 Millionen Menschen sind zurzeit drei Rettungshubschrauber (RTH) stationiert:
- Neben “Christoph 47“ in der Hanse- und Universitätsstadt Greifswald (Betreiber: DRF Luftrettung) sind dies
- “Christoph 48“ in Neustrelitz (ADAC Luftrettung) und
- “Christoph 34“ in Güstrow (BMI/BBK).
Man könnte also meinen, dass diese primären Luftrettungsmittel für das flächenmäßig große, aber bevölkerungsarme Bundesland ausreichen würden. Des Weiteren gibt es
- in der Hansestadt Rostock den Intensivtransporthubschrauber (ITH) “Christoph Rostock“ (Johanniter Luftrettung)
- und auf dem Flugplatz Schwerin-Pinnow den Ambulanzhubschrauber (AHS) “Christoph Schwerin“ (Betreiber: FJS).
- Darüber hinaus stehen auf dem Marineflieger-Stützpunkt Warnemünde der allerdings nur zeitweise dort stationierte SAR-Hubschrauber “Rescue 21“ (Deutsche Marine) für Seenotfälle
- sowie – bundesweit einmalig – in Kessin (Landkreis Rostock) der Notarzteinsatzhubschrauber (NEH) “Rettung 029-01/82-01“ (Ambulanz-Millich) als schneller Notarzt-Zubringer in Stadt und Landkreis Rostock zur Verfügung.
Im Fokus: der am Flugplatz Schwerin-Pinnow stationierte AHS mit dem Funkrufnamen “Christoph Schwerin“ , hier die schwarze D-HCVG ...
Foto: Tobias Klein
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... und hier die rote D-HLEA
Foto: Tobias Klein
Anstehende Änderungen
Allerdings stehen in den nächsten Jahren wichtige Änderungen an: Die Genehmigung für die beiden Luftrettungsmittel “Christoph Rostock“ und “Christoph Schwerin“ laufen im kommenden Jahr aus und über einen Weiterbetrieb wurde bislang nicht entschieden. Das neue, erst kürzlich in Kraft getretene Rettungsdienstgesetz Mecklenburg-Vorpommern lässt den weiteren Einsatz des Ambulanzhubschraubers (AHS) in Pinnow fraglich erscheinen – dort kommt eine AS 355 F2 zum Einsatz. Die Hilfsfrist-Erfüllungsquoten für bodengebundene Rettungsmittel lassen im nordöstlichsten Bundesland seit Jahren auch zu wünschen übrig, wie eine Landtagsanfrage bzw. deren Beantwortung durch die Landesregierung im Frühjahr ergab. Daher scheint es in der Tat im westlichen Mecklenburg einen Bedarf für ein weiteres Luftrettungsmittel zu geben. Gesundheitsminister Glawe bremste allerdings die Hoffnung, dass schon in Bälde ein weiterer Rettungshubschrauber in Schwerin zur Verfügung stünde. Laut “Hamburger Abendblatt“ sagte Glawe: “Wir brauchen hierfür das Gutachten der Träger sowie Gespräche, unter anderem mit den Krankenkassen, um finale Entscheidungen treffen zu können.“
Jetzt könnte man meinen, dass den Worten des Ministers Taten folgen würden. Doch weit gefehlt! Wie Anfragen an die für die Refinanzierung zuständigen Krankenkassen, die Landeshauptstadt Schwerin und das Ministerium selbst ergaben, wurden bislang keinerlei Schritte in diese Richtung unternommen. So teilte die AOK Nordost auf Anfrage von rth.info unter anderem mit, dass “[d]er Minister [...] noch keinen Kontakt mit den zuständigen Kostenträgern aufgenommen [hat]“.
Die Landeshauptstadt Schwerin sieht für sich keine Handlungsoption, da nach dem Rettungsdienstgesetz Mecklenburg-Vorpommern das Land Träger der Luftrettung sei. Allerdings habe man als Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes in vorangegangenen Stellungnahmen zu Gesetzen und Verordnungen “darauf hingewiesen, dass im Bereich Westmecklenburg die nächsten Hubschrauber weiter entfernt sind als in anderen Regionen des Landes“. Der AHS “Christoph Schwerin“ ist kein adäquater Ersatz: Der Hubschrauber der Firma FJS in Pinnow habe nur eine “Zulassung für Krankentransporte außerhalb des öffentlichen Rettungsdienste [und werde] zu diesem Zwecke lediglich durch die Zentrale Koordinierungsstelle für Intensivtransporte M-V, die bei der Leitstelle der Landeshauptstadt Schwerin angesiedelt ist, disponiert“.
Und was sagt das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit selbst? Die Pressestelle ging auf die einzelnen Fragestellungen nur allgemein ein und verwies auf die vom Landesbeirat Rettungsdienst eingerichtete Arbeitsgruppe Luftrettung.
“Zu dieser Frage möchten wir im Sinne der Beantwortung von Frage 1 der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage auf Drucksache 7/2112 antworten: In der Arbeitsgruppe Luftrettung, einem internen Arbeitsgremium des Landesbeirates Rettungswesen, bestehend aus Mitgliedern mit langjähriger Erfahrung in der Luftrettung, wurden bisher in fünf Sitzungen Aspekte mehrerer Teilthemen zur Luftrettung in Mecklenburg-Vorpommern beraten. Für die abschließende Beratung, u. a. zu der Frage, ob die derzeitigen Luftrettungsstandorte ausreichen, möchte die Arbeitsgruppe die Ergebnisse des Gutachtens der Träger Rettungsdienst zur Überplanung einbeziehen. Mit der Überplanung wollen die Landkreise und kreisfreien Städte als zuständige Träger für den bodengebundenen Rettungsdienst die strukturellen Gegebenheiten im Rettungsdienst wie zum Beispiel in Bezug auf die Rettungswachen und die Notarztstandorte im Rahmen einer Überplanung einer Überprüfung zu unterziehen. Sobald der Endbericht der Arbeitsgruppe Luftrettung vorliegt, wird der Landesbeirat Rettungswesen die Ergebnisse beraten und der Landesregierung Empfehlungen für die zukünftigen Strukturen der Luftrettung geben.“Das Gleiche gelte im Übrigen auch für die Frage der Ausweitung der RTH-Betriebszeiten in die fliegerische Nacht. Fazit: Im Nordosten nichts neues!
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