Luftrettung in Großbritannien: Dorset and Somerset
03.11.2009
In dieser Reportagenserie sind erschienen:
- 27.09.2009 :: Luftrettung in Großbritannien: Sussex Police
- 11.10.2009 :: Luftrettung in Großbritannien: HM Coastguard
- 03.11.2009 :: Luftrettung in Großbritannien: Dorset and Somerset
- 07.11.2012 :: 100 Fuß über dem Meer. 150 Knoten. Kaum Sicht.
Am Flugplatz Henstridge befindet sich der Hubschrauberstandort der Dorset and Somerset Air Ambulance (DSAA). Die Einrichtung ist in etwa mit einem deutschen Luftrettungszentrum zu vergleichen. Doch es gibt auch Unterschiede.
Am Heimatflugplatz Henstridge
Foto: Johannes Herrmann
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Der Standort
Cockpit der EC 135
Foto: Johannes Herrmann
Der Flugplatz Henstridge (ICAO-Code EGHS) liegt mitten in der südenglischen Provinz an der Grenze zwischen den beiden Bezirken Dorset und Somerset, welche durch die DSAA versorgt werden und deshalb namensgebend sind.
Die nächsten größeren Städte sind Yeovil, Salisbury und Bournemouth, die jeweils etwa 20 bis 40 km entfernt liegen.
Vom jetzigen Standort aus kann jeder Punkt der beiden Bezirke in weniger als zwanzig Minuten Flugzeit erreicht werden.
Der derzeit genutzte Gebäudekomplex mit Hangar, Einsatz- und Aufenthaltsräumen wurde erst vor wenigen Jahren neu errichtet und die Crews konnten das bis dahin genutzte Provisorium verlassen.
Am Landeplatz verfügt die Besatzung über eine eigene mobile Betankungsanlage.
Blick in den hinteren Teil der Kabine
Foto: Johannes Herrmann
Die Organisation:
Das zivile Luftrettungssystem in Großbritannien wurde ohne staatliche Unterstützung aufgebaut. 1987 wurde mit der Gründung der Cornwall Air Ambulance der Startschuss dafür gegeben. Nach und nach wurden überall im Land auf Initiative der Bevölkerung oder lokaler Verantwortlicher des Gesundheitswesens bzw. des Rettungsdienstes Organisationen zur notfallmedizinischen Versorgung aus der Luft aus der Taufe gehoben.
Im Regelfall genutzte Möglichkeit zur seitlichen Beladung des Hubschraubers
Foto: Johannes Herrmann
Offizielle Indienststellung seitens der königlichen Familie
Foto: Johannes Herrmann
Die DSAA wurde im Jahr 2000 als gemeinnützige Organisation gegründet. Wie alle vergleichbaren Organisationen in Großbritannien muss die Luftrettung ohne Zuschüsse von Seiten der Regierung o. ä. auskommen.
Spendenaufkommen für den Betrieb
Die täglichen Betriebskosten von etwa 3.500£ müssen ausschließlich mit Hilfe von Spenden gestemmt werden.
Neben einmaligen Zuwendungen gibt es für Privatpersonen auch Möglichkeiten für regelmäßige Spenden (ähnlich z.B. der Mitgliedschaft in der DRF Luftrettung). Firmen unterstützen die DSAA ebenfalls und dürfen im Gegenzug Werbeaufkleber am Hubschrauber anbringen. Deren Größe richtet sich nach der Höhe der Spende.
Die Air Ambulances verfügen in den meisten Fällen nicht über eigene Hubschrauber sondern mieten diese dauerhaft von kommerziellen Unternehmen an. Im Falle der DSAA kooperiert man mit Bond Air Services. Die Firma mit Sitz in Staverton stellt Rettungs- und Polizeihubschrauber im ganzen Land den jeweiligen Organisationen bereit.
Blick in den Tunnel zur Heckklappe
Foto: Johannes Herrmann
Warten auf Einsätze
Foto: Johannes Herrmann
Logo der DSAA am Hangar
Foto: Johannes Herrmann
Der Hubschrauber
Die Lackierung ist einfarbig gehalten, der grüne Streifen ist retroreflektierend
Foto: Johannes Herrmann
Für ihre Einsätze nutzten die Crews anfangs noch die BO 105. Im Jahr 2006 erfolgte dann die Indienststellung der EC 135 T2+ mit der Seriennummer 0517 die unter der Registrierung G-DORS Einsätze fliegt.
Seitenbeladung als Mittel der Wahl
Der medizinische Ausbau umfasst unter anderem die Möglichkeit zum seitlichen Einladen der Trage. Diese Möglichkeit wird, anders als in Deutschland, auch fast immer genutzt. Einerseits ist sie für die Personen beim Einladen rückenschonender, da sie aufrecht stehen können und sich nicht unter dem Tailboom bücken müssen. Außerdem wird die Beladung nicht selten bei laufendem Rotor durchgeführt und man bleibt somit möglichst weit vom Gefahrenbereich des Heckrotors entfernt. Der Umfang der medizinischen Beladung entspricht in etwa dem eines deutschen RTH.
Werftaufenthalte
Umfangreiche Checks und Wartungsarbeiten werden in der Werft von Bond Air Services am Flugplatz Staverton durchgeführt. In dieser Zeit fliegt dann eine Maschine aus dem Reservepool von Bond als Einsatzmaschine.
Die Crew
Eine Einsatzcrew besteht aus drei Personen.
Der Pilot wird wie der Hubschrauber selbst von Bond Air Services gestellt.
Weiterhin gehören zwei Paramedics zur Besatzung. Ein Arzt ist nicht an Bord. Grund ist, dass die Hauptaufgabe der Luftrettung in England im Unterschied zu Deutschland nicht in der Notarztzubringung besteht sondern im möglichst schnellen Transport des Patienten ins nächste geeignete Krankenhaus, darum auch wie oben beschrieben oftmals das Einladen des Patienten bei laufendem Rotor.
Die Einsätze
Einsätze werden wie auch in Deutschland für RTH üblich nur am Tag geflogen, da das Risiko bei Außenlandungen in unbekanntem Gelände bei Dunkelheit ungleich höher ist als im hellen.
Die EC 135 mit der Kennung G-DORS
Foto: Johannes Herrmann
Von einer Alarmierung bis zum Start vergehen maximal zwei Minuten. Dies geschieht im Durchschnitt knapp drei Mal am Tag. 2008 wurden 853 Einsätze geflogen. Bis Mitte September diesen Jahres waren es bereits über 700 Einsätze.
Das Spektrum der Einsätze ist ebenso breit gefächert wie hierzulande. Es reicht von Auto- und Sportunfällen über internistische Indikationen bis hin zu sämtlichen anderen Arten medizinischer Notfälle. Die Zahl der Verlegungsflüge zwischen Krankenhäusern ist dagegen sehr gering (bis Sept. 09 neun Einsätze).