Direkt zum Inhalt...

rth.info

Faszination Luftrettung

rth.info - Faszination Luftrettungzur Startseite


Österreich: Problem um Kostenübernahme wird immer ernster

09.03.2013

Wien (A) ::  Wenn in den Skigebieten Österreichs und auch Südtirols vor allem während der Wintermonate wieder Hochbetrieb herrscht, sind die Luftretter teils pausenlos im Einsatz, um verletzte oder stark erschöpfte Wintersportler zu versorgen und meistens auch vom Berg ins Tal zu transportieren.

Teilweise ist der Hubschrauber für die Einsätze in den alpinen Gebieten unerlässlich, sodass in der Wintersaison zusätzlich zu den permanenten Notarzthubschraubern von ÖAMTC und anderen Flugrettungsunternehmen noch weitere so genannte Winterstandorte eingerichtet werden.

Der Einsatz eines Rettungshubschraubers (in Österreich Notarzthubschrauber (NAH) genannt) ist mit nicht unerheblichen Kosten verbunden, die in der Regel von der Sozialversicherung übernommen werden. In der Regel.

In Österreich ist aktuell eine Diskussion über die Frage der Kostenübernahme entbrannt

In Österreich ist in letzter Zeit eine Diskussion über die Frage der Kostenübernahme von Notarzthubschrauber-Einsätzen, besonders in den Wintersportgebieten, entbrannt und sorgt aktuell für zahlreiche Schlagzeilen. Die Patienten sind nach teils vierstelligen Rechnungssummen der Hubschrauber-Betreiber empört und oftmals nicht bereit, den Rechnungsbetrag zu zahlen.

Politik, Sozialversicherung und Betreiber lassen Ausnahmen bei der Krankenversicherung zu

Was die meisten jedoch nicht wissen: Einsätze von NAH nach Unfällen während Freizeit- und/oder Sportaktivitäten, vor allem im alpinen Gebiet, sind in Österreich oft nicht im üblichen Versicherungsschutz enthalten und müssen von den Patienten selbst bezahlt werden, sofern kein Abschluss einer Zusatzversicherung vorliegt. Die böse Überraschung flattert dann wenige Tage später in den Briefkasten. Bergrettungseinsätze kosten nämlich weitaus mehr als “übliche“ Einsätze eines Notarzthubschraubers (Verkehrsunfälle, internistische Notfälle etc.), sodass lokale und überregionale Medien den Betreibern unterstellen, diese Einsätze „nicht gerade ungern“ zu fliegen. So wird in den Medien beispielsweise Arthur Rohregger, der Leiter des oberösterreichischen Bergrettungsdienstes, mit folgenden Worten zitiert: “[D]ie Betreiber brauchen gut bezahlte Alpineinsätze, das ist ja auch ein Geschäft“. Ob dies wirklich so zutrifft, sei dahingestellt.

Rechnen Betreiber ihre Einsätze zu überhöhten Tarifen ab?

Untermauert wird die Annahme jedoch von kürzlich bekanntgewordenen Fällen, die unter anderem vom “Kurier“, quasi das österreichische Pendant zur deutschen BILD-Zeitung, veröffentlicht wurden. So gibt eine Patientin an, sie sei gegen ihren eigenen Willen mit dem Hubschrauber vom Berg in ein Krankenhaus transportiert worden, nachdem sie sich bei einem Sturz fünf Rippen brach. Kostenpunkt: knapp 2.500 Euro. Ursprünglich sollte sie mit einem Akja der Bergrettung ins Tal transportiert werden, sei aber nach Eintreffen des Hubschraubers plötzlich mit diesem nicht mehr transportfähig gewesen. Ralph Schüller, Sprecher der ÖAMTC-Flugrettung, erklärte dem “Kurier“ gegenüber jedoch die Problematik der Verweigerung. “Wenn doch etwas Gröberes passiert ist, dann ist das eine unterlassene Hilfeleistung mit juristischen Folgen“. Die gebrochenen Rippen hätten weitere Verletzungen beim Transport mit dem Akja verursachen können, so Schüller. Zwar können Patienten mit ihrer Unterschrift einen Transport verweigern, sofern sie geschäftsfähig sind. Bei Schockzustand, welcher nach Unfällen häufig vorliegt, ist diese Voraussetzung aber nicht immer gegeben.

Der Flug ins Krankenhaus war bei dem nächsten Beispiel keine Option, da das Wetter nach der Landung des Helis am Einsatzort plötzlich umgeschwenkt war und der Flug ins Krankenhaus nach Ansicht des Piloten nicht mehr möglich gewesen sei. Eine Elfjährige brach sich beim Skifahren das Schienbein, wurde von dem Notarzt des rund 30 Minuten später eintreffenden Notarzthubschraubers versorgt und anschließend mit einem Akja ins Tal gebracht. Kosten für die Behandlung und Gabe von Medikamenten durch den Hubschrauberarzt: 509 Euro. Kosten für den Flug: 1.678 Euro. Der Hubschrauber übernachtete auf dem Berg. Primarius Günther Schamp von der FlyMed, die den Einsatz durchführte, zu der Rechnungssumme: “Das ist adäquat und angemessen“. Beim ÖAMTC hingegen, so Sprecher Schüller, berechne man die Flugkosten nur, wenn der Patient auch mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen würde. Andernfalls fielen maximal die Behandlungskosten an.

Getoppt werden diese Beispiele von einem Fall im August des letzten Jahres: Ein 92-Jähriger erleidet einen Herzinfarkt in Außerfragant. „Martin 4“ der „Martin Flugrettung“ von Betreiber Roy Knaus kommt zum Einsatz. Der Patient wird ins LKH Villach transportiert, wo er kurze Zeit darauf verstirbt. Die Aufforderung, die Einsatzkosten in Höhe von 8.045,30 Euro zu bezahlen, erhält wenige Tage später die 77-jährige Witwe. Der NAH-Betreiber hat nämlich keine Vereinbarung mit Land und Gebietskrankenkasse (GKK), weshalb die Kosten auf die Patienten abgewälzt werden.

Gibt es in Österreich zu viele Notarzthubschrauber?

Wo Probleme sind, sucht man nach deren Ursachen. Und so muss man fragen: Ist der Konkurrenzdruck zwischen den einzelnen Betreibern etwa zu groß? Im Bundesland Tirol gibt es beispielsweise genauso viele Rettungshubschrauber wie in der viermal so großen Schweiz insgesamt. Folglich wird der „Kampf um Patienten“, so wie die Situation von der überregionalen Presse tituliert wird (siehe Linkliste rechts und Quellenangaben unten), immer stärker, die Einsatzkosten steigen nahezu ins Unermessliche.

Als “Kampf um die Pfründe“ sehen es auch Sozialversicherung und österreichischer Rechnungshof. So schreckten laut den Schilderungen eines Flugretters sogar manche Betreiber nicht davor zurück, den Funk gezielt abzuhören, um dem Rettungsdienst am Boden die Patienten „wegzuschnappen“.

Ist die hohe Politik gefordert?

Es stellen sich deshalb Fragen an die österreichische Politik: Ist sie gefordert und willens, eine Lösung zu finden? Sollten gleiche Rechte für jeden potenziellen Patienten herrschen, also auch für Winter- und Freizeitsportler? Geht es nach der Meinung verschiedener Zeitungen, profitieren derzeit auf Kosten der oftmals unwissenden Patienten vor allem die NAH-Betreiber, aber auch in gewisser Weise die Krankenkassen Österreichs von der derzeitigen Situation, da die entstandenen Kosten nicht auf sie abgewälzt werden.

Wie sieht es mit Ihrem Versicherungsschutz aus?

Was also tun? Wir appellieren an Sie als Leser unserer zielgruppenspezifischen Plattform: Überprüfen Sie vor dem Antritt zu Ihrem nächsten Skiurlaub unbedingt Ihren Versicherungsschutz - und ergänzen Sie diesen, wo es nötig ist. Denn sonst kann ein Unfall auf den Bergen nicht nur Ihnen, sondern womöglich auch Ihrem Geldbeutel richtig wehtun! Abschließend erlauben wir uns den Hinweis, dass wir natürlich keinerlei Aktien bei/von den Versicherern haben.

- Anzeige -

Nachrichten zu diesem Thema im Archiv

Autor

Quelle(n):
diverse Zeitungsartikel und online-Meldungen österreichischer Zeitungsverlage, so z. B. http://www.krone.at/Nachrichten/Kaerntens_Flugretter_im_grossen_Kampf-Luftschlacht-Story-159778/index.html

Info-Abschnitt überspringen

Über rth.info und unser Themenspektrum

Wir vom Nachrichtenmagazin rth.info berichten ehrenamtlich über Rettungshubschrauber, also notfallmedizinisch ausgerüstete und besetzte Helikopter, die im Rettungsdienst eingesetzt werden. Hubschrauber sind wertvoll als Rettungsmittel, da sie schnell, wendig und unabhängig vom Straßennetz sind. Ebenso dienen sie zum eiligen Transfer von Intensivpatienten zwischen Kliniken.

Für die Luftrettung besteht ein dichtes Standortnetz – sowohl von Rettungshubschraubern, als auch von Intensivtransport-Hubschraubern für den Interhospitaltransfer (siehe unsere Standortkarte). Die Standorte werden von staatlichen und nichtstaatlichen Betreibern unterhalten. Die ADAC Luftrettung stellt die meisten zivilen Rettungshubschrauber in Deutschland. Die DRF Luftrettung betreibt auch besonders viele Luftrettungszentren in Deutschland. Ihr Vorgänger war die Deutsche Rettungsflugwacht e.V. – bis zum Wechsel von Name und Rechtsform (2008). Weitere wichtige Betreiber, darunter das Bundesministerium des Innern mit seinen Zivilschutzhubschraubern, stellen wir hier vor.

Hubschrauber ergänzen den Rettungsdienst am Boden in medizinischen Notlagen. Sie sollen nicht den Bodenrettungsdienst ersetzen, da Rettungshubschrauber nicht allwetterfähig sind. Luftretter unterscheiden mehrere Einsatzarten. Die wichtigsten sind primäre Notfalleinsätze an einem Einsatzort und sekundäre Patiententransporte von einer Klinik zur anderen. In der Luftrettung kommt komplexe notfallmedizinische Technik zum Einsatz, die u.a. Anaesthesie, Chirurgie, Innere Medizin und Pädiatrie abdeckt.

"Helicopter Emergency Medical Services", kurz HEMS, ist die englische Bezeichnung für Luftrettungsdienst. Der Assistent des Notarztes wird daher als HEMS TC bzw. HEMS Crew Member bezeichnet. Zahlreiche Piloten verdienen in der Luftrettung ihren Lebensunterhalt – für viele Fans ein Traumberuf. Die Betreiber setzen viele Flugstunden und Erfahrung voraus.

Der aktuell bedeutsamste europäische Hubschrauberhersteller ist Airbus Helicopters mit seinen Baumustern H135, H145, und weiteren. Der US-amerikanische Hubschrauberhersteller Bell hat mit den Baumustern Bell 212, Bell 222, Bell 412, die Luftrettung mit geprägt, aber seit ca. 2010 Marktanteile an Airbus Helicopters verloren. Beschreibungen weiterer Hubschrauber-Hersteller finden Sie in unseren Typentexten.

Alle Fachbegriffe...