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„Time to say goodbye“ auf dem holtenauer Unterland

28.06.2012

Im Zuge der weitreichenden Umstrukturierung der Bundeswehr soll der Marineflieger-Standort Kiel-Holtenau geschlossen werden. Das Marinefliegergeschwader 5 als Hausherr verabschiedete sich am 23. Juni 2012 bei einem Fly-Out mit internationalen Gästen von der Stadt.

1958 als Marinedienst- und Seenotstaffel aufgestellt, war der Verband immer mit der Stadt Kiel und dem Fliegerhorst Kiel-Holtenau verbunden. Bis heute bestimmte eine Vielzahl von verschiedenen Luftfahrzeugtypen den Luftraum: Wo anfangs noch die Bristol Sycamore, der Saunders-Roe Skeeter und die Dornier Do-27 unterwegs waren, stießen alsbald Verbindungsflugzeuge Hunting-Percival Pembroke und Amphibien-Flugboote vom Typ Grumman Albatross hinzu. Mit dem Zulauf von Hubschrauber des Typs Sikorsky H-34 G im Jahre 1963 wurde die Staffel umbenannt: Fortan hieß sie Marinefliegergeschwader 5.

Der sonderlackierte Seekönig mit der kieler Skyline bei der Winch-Demo

Der sonderlackierte Seekönig mit der kieler Skyline bei der Winch-Demo

Foto: Helwin Scharn

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Anfang der 1970er Jahre wurden die Pembroke und Albatross außer Dienst gestellt. Ihr Nachfolger im Verbindungsdienst wurde die Dornier Do-28D. Gleiches Schicksal ereilte die Sikorsky H-34 im Jahre 1975. Ihre Aufgabe übernimmt bis heute die Westland Sea King Mk. 41.

Seit nunmehr 37 Jahren das Arbeitspferd des MFG 5: Der Westland Sea King Mk.41

Seit nunmehr 37 Jahren das Arbeitspferd des MFG 5: Der Westland Sea King Mk.41

Foto: Felix Troschier

In den 1980er Jahren wurde das Aufgabengebiet des Geschwaders erweitert: Die Sea King wurden bei MBB einer Frischzellenkur unterzogen und wurden zum Verschießen des Seeziel-Lenkflugkörpers Sea Skua befähigt. Ferner erhielt das MFG 5 eine speziell ausgestattete Do-28 zum Aufspüren illegaler Ölverschmutzungen auf See, die 1991 durch die Dornier Do-228 ergänzt wurden. Die Umweltüberwachung wurde jedoch bereits 1994 an das Marinefliegergeschwader 3 „Graf Zeppelin“ in Nordholz abgegeben und damit endete im MFG 5 die Zeit der Flächenfliegerei. Das MFG 5 zog sich daraufhin auf das Heliport unterhalb des Fliegerhorstes an der Förde zurück.

Insgesamt besuchten 4 Bell UH-1D aus Faßberg, Holzdorf, Penzing und Niederstetten das Fly-Out in Kiel. Mit dem nahenden Ende des Flugbetriebes auf diesem Muster werden solche Ansammlungen eher die Ausnahme bilden.

Insgesamt besuchten 4 Bell UH-1D aus Faßberg, Holzdorf, Penzing und Niederstetten das Fly-Out in Kiel. Mit dem nahenden Ende des Flugbetriebes auf diesem Muster werden solche Ansammlungen eher die Ausnahme bilden.

Foto: Felix Troschier

Im Laufe der Zeit wurde auch die raketenbewaffnete Rolle des Sea King aufgegeben und man konzentrierte sich auf Einsätze im Bereich des SAR-Dienstes sowie der Unterstützung schwimmender Einheiten der Marine (beispielsweise auf Einsatzgruppenversorgern).

Neben dem früheren Kerngeschäft des Such- und Rettungswesen sieht die Marineführung die Aufgabe des MFG 5 mehr und mehr in eben dieser Unterstützungsrolle. Die Entfernung der Aufschriften „SAR“, die missionsspezifische Ausrüstung mit Maschinengewehr auf Türlafette und Zusatzpanzerung im Inneren stellen dies unter Beweis.

Demnächst neuer Arbeitskollege im gleichen Geschwader: Sea Lynx Mk.88A des MFG 3 „Graf Zeppelin“ aus Nordholz.

Demnächst neuer Arbeitskollege im gleichen Geschwader: Sea Lynx Mk.88A des MFG 3 „Graf Zeppelin“ aus Nordholz.

Foto: Felix Troschier

Als Folge der derzeitigen Bundeswehrreform wird das MFG 5 den Standort auf dem Holtenauer Unterland noch im Jahre 2012 verlassen und auf den Marinefliegerhorst Nordholz verlegen. Als offizielles Umzugsdatum wird der 1.10.2012 genannt, die offizielle Schließung des Standortes Kiel-Holtenau ist auf den 31.1.2013 terminiert. Anders als man es stellenweise vielleicht angenommen hatte wird das MFG 5 aber nicht aufgelöst, sondern erhält stattdessen sogar noch Zuwachs. Die bisherige 3. fliegende Staffel des MFG 3 „GZ“ wird mit ihren Bordhubschraubern Westland Sea Lynx Mk.88A in das MFG 5 integriert. Somit wird der Fliegerhorst Nordholz zwar in Zukunft der einzige Standort sein, der Einheiten der Marineflieger beherbergt, aber er wird sich von zwei fliegenden Einheiten, einem Hubschraubergeschwader und einem Flächengeschwader, geteilt. Die entsprechende Infrastruktur für den Sea King befindet sich in Nordholz kurz vor der Fertigstellung.

Die litauische Luftwaffe war wieder mit einer Mi-8MTV in SAR-Konfiguration zugegen. Dort sucht man bereits nach einem passenden Nachfolgemuster.

Die litauische Luftwaffe war wieder mit einer Mi-8MTV in SAR-Konfiguration zugegen. Dort sucht man bereits nach einem passenden Nachfolgemuster.

Foto: Felix Troschier

Im Rahmen eines Fly-Outs verabschiedete sich das Geschwader von der Stadt Kiel während in der Förde wieder die Kieler Woche veranstaltet wurde. Wie auch in den Jahren zuvor bei den SAR-Meets besuchten zahlreiche Gasthubschrauber aus dem In- und Ausland den Standort. Zuvor akkreditierte Pressevertreter und Spotter erhielten Zugang zum Gelände, auch wenn es dieses Jahr keinen Tag der offenen Tür als Veranstaltung für die Öffentlichkeit mehr gab.

Bald schon wieder Geschichte in der Luftwaffe: NH-90 TTH des Hubschraubergeschwaders 64 aus Holzdorf/Schönewalde

Bald schon wieder Geschichte in der Luftwaffe: NH-90 TTH des Hubschraubergeschwaders 64 aus Holzdorf/Schönewalde

Foto: Felix Troschier

Auch eine Sonderlackierung zu diesem Anlass durfte nicht fehlen. Highlight: Die Maschine wurde mit einem sog. Flip-Flop-Lack aus der Autotuning-Szene lackiert, der je nach Lichtverhältnissen und Blickwinkel seine Farbe von orange über gold-gelb bis hin ins Grünliche ändert.

Die polnische Marine schickte eine Mil Mi-14 PL/R. Dieser betagt anmutende Hubschraubertyp wird voraussichtlich noch 5 Jahre im SAR-Dienst bleiben.

Die polnische Marine schickte eine Mil Mi-14 PL/R. Dieser betagt anmutende Hubschraubertyp wird voraussichtlich noch 5 Jahre im SAR-Dienst bleiben.

Foto: Felix Troschier

Leider kam es im Vorfeld zu kurzfristigen Absagen. Die britische Beteiligung fiel eben so aus wie die dänische. Frankreich, Belgien, Norwegen und Italien war es leider auch nicht möglich, eine Beteiligung zu entsenden. Die angekündigte „navalisierte“ EC-155 der Bundespolizei-Fliegerstaffel Fuhlendorf war leider im Einsatz gebunden.

AS-332 L1 Super Puma der Bundespolizei-Fliegerstaffel Fuhlendorf bei der Anreise am Freitag

AS-332 L1 Super Puma der Bundespolizei-Fliegerstaffel Fuhlendorf bei der Anreise am Freitag

Foto: Helwin Scharn

Entschädigt wurde der Besucher jedoch durch den ungewöhnlichen Besuch einer CH-146 Griffon der 424. Squadron der kanadischen Streitkräfte von der CFB Trenton. Sie nahmen den weiten Weg in einer Boeing C-17 Globemaster II über Hamburg auf sich. Auch die polnischen Marineflieger aus Darlowo waren seit längerer Zeit einmal wieder mit dem nicht alltäglichen Muster Mi-14 PL/R zugegen und die Litauische Luftwaffe schickte eine Mi-8MTV in SAR-Konfiguration.

Diese CH-146 Griffon aus Trenton (Ontario) hatte zweifelsfrei die weiteste Anreise. Sie erfolgte in einer Boeing C-17 via Hamburg dank noch abzufliegender Flugstundenkontingente des Transporters.

Diese CH-146 Griffon aus Trenton (Ontario) hatte zweifelsfrei die weiteste Anreise. Sie erfolgte in einer Boeing C-17 via Hamburg dank noch abzufliegender Flugstundenkontingente des Transporters.

Foto: Felix Troschier

Auch wenn in diesem Jahr der Schatten der Abschiedsstimmung über dem holtenauer Unterland lag, war es eine gelungene Veranstaltung. 2013 wird es in Nordholz dann wieder einen Nordholz-Airday unter dem Motto „100 Jahre Marineflieger“ geben. Rund um die Kieler Förde geht diese Tradition indes zu Ende.

Kunstvoll gestaltete BO-105 P1M Des Heeresfliegerausbildungszentrums Celle.

Kunstvoll gestaltete BO-105 P1M Des Heeresfliegerausbildungszentrums Celle.

Foto: Felix Troschier

Die dänische Zivilwirtschaft schickte eine nagelneue Agusta AW-139. Ob da nicht der eine oder andere „Blut geleckt“ hat?

Die dänische Zivilwirtschaft schickte eine nagelneue Agusta AW-139. Ob da nicht der eine oder andere „Blut geleckt“ hat?

Foto: Felix Troschier

Besucher des Fly-Outs und der Kieler Woche bekamen noch ein letztes Mal das Können der Marineflieger über der Förde präsentiert

Besucher des Fly-Outs und der Kieler Woche bekamen noch ein letztes Mal das Können der Marineflieger über der Förde präsentiert

Foto: Helwin Scharn

Autor

Wir danken:
Helwin Scharn

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Über rth.info und unser Themenspektrum

Wir vom Nachrichtenmagazin rth.info berichten ehrenamtlich über Rettungshubschrauber, also notfallmedizinisch ausgerüstete und besetzte Helikopter, die im Rettungsdienst eingesetzt werden. Hubschrauber sind wertvoll als Rettungsmittel, da sie schnell, wendig und unabhängig vom Straßennetz sind. Ebenso dienen sie zum eiligen Transfer von Intensivpatienten zwischen Kliniken.

Für die Luftrettung besteht ein dichtes Standortnetz – sowohl von Rettungshubschraubern, als auch von Intensivtransport-Hubschraubern für den Interhospitaltransfer (siehe unsere Standortkarte). Die Standorte werden von staatlichen und nichtstaatlichen Betreibern unterhalten. Die ADAC Luftrettung stellt die meisten zivilen Rettungshubschrauber in Deutschland. Die DRF Luftrettung betreibt auch besonders viele Luftrettungszentren in Deutschland. Ihr Vorgänger war die Deutsche Rettungsflugwacht e.V. – bis zum Wechsel von Name und Rechtsform (2008). Weitere wichtige Betreiber, darunter das Bundesministerium des Innern mit seinen Zivilschutzhubschraubern, stellen wir hier vor.

Hubschrauber ergänzen den Rettungsdienst am Boden in medizinischen Notlagen. Sie sollen nicht den Bodenrettungsdienst ersetzen, da Rettungshubschrauber nicht allwetterfähig sind. Luftretter unterscheiden mehrere Einsatzarten. Die wichtigsten sind primäre Notfalleinsätze an einem Einsatzort und sekundäre Patiententransporte von einer Klinik zur anderen. In der Luftrettung kommt komplexe notfallmedizinische Technik zum Einsatz, die u.a. Anaesthesie, Chirurgie, Innere Medizin und Pädiatrie abdeckt.

"Helicopter Emergency Medical Services", kurz HEMS, ist die englische Bezeichnung für Luftrettungsdienst. Der Assistent des Notarztes wird daher als HEMS TC bzw. HEMS Crew Member bezeichnet. Zahlreiche Piloten verdienen in der Luftrettung ihren Lebensunterhalt – für viele Fans ein Traumberuf. Die Betreiber setzen viele Flugstunden und Erfahrung voraus.

Der aktuell bedeutsamste europäische Hubschrauberhersteller ist Airbus Helicopters mit seinen Baumustern H135, H145, und weiteren. Der US-amerikanische Hubschrauberhersteller Bell hat mit den Baumustern Bell 212, Bell 222, Bell 412, die Luftrettung mit geprägt, aber seit ca. 2010 Marktanteile an Airbus Helicopters verloren. Beschreibungen weiterer Hubschrauber-Hersteller finden Sie in unseren Typentexten.

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