Was liegt an?
Bei den jährlich oft mehr als 1.800 Einsätzen des Rettungshubschraubers
"SAR Hamburg 71" unterscheidet man mehrere Einsatzarten. Diese
decken sich mit den Standards der Luftrettung und des militärischen
SAR-Dienstes.

Start
zu einem Primäreinsatz. (Foto: Patrick
Permien | www.sar71.de) |
Es gibt folgende Einsatzkategorien:
Primäreinsätze
- chirurgisch indiziert (also durch Verletzungen bedingt)
- internistisch indiziert (also durch Erkrankungen bedingt)
- Fehleinsätze (letztlich Einsatz nicht erforderlich gewesen)
kommissionäre Primäreinsätze
(Transport eines bereits versorgten Patienten vom Notfallort
ins Krankenhaus)
Sekundäreinsätze
(dringende Verlegung eines Patienten von einem Krankenhaus in eine besser
geeignete Klinik)
SAR-Einsätze
Suche nach vermissten oder überfälligen Luftfahrzeugen, Suche
nach vermissten Personen, vermissten oder überfälligen Wasserfahrzeugen
usw.
» im Rahmen des Auftrags des militärischen SAR-Dienstes
Sonstige Einsätze
(zum Beispiel Organtransporte oder Transport von Blutkonserven)
Bei seinen Einsätzen ist der Rettungshubschrauber als Äquivalent
zu einem Notarztfahrzeug am Boden anzusehen. Er ersetzt also immer dann
den Einsatz eines Notarzteinsatzfahrzeugs, wenn der Hubschrauber schneller
vor Ort sein kann als der nächste Notarztkollege an Boden.
Primäreinsätze als Notarztzubringer
In erster Linie ist der Hamburger Bundeswehr- Rettungshubschrauber gedacht
als schneller Notarztzubringer. Das bedeutet, seine Aufgabe ist primär,
das Notarztteam so schnell wie möglich an die Einsatzstelle zu bringen
- nicht, den Patienten so schnell wie möglich in ein Krankenhaus zu
fliegen. Man spricht deshalb oft von Primäreinsätzen.
Dass die Versorgung vor Ort so wichtig ist, geht darauf zurück, dass
man medizinisch erkannt hat, dass eine schnelle und gute erste Versorgung
für den Patienten mehr bringt als ein sofortiger Transport ins Krankenhaus.
Aus diesem Grund steht bei Notfalleinsätzen immer im Vordergrund, den
Patienten in seinem Zustand zu stabilisieren und erst zu transportieren,
wenn das Risiko des Transports möglichst gering erscheint.
Notfalleinsätze werden stets zusammen mit mindestens einem Rettungswagen
(RTW) abgewickelt. Die RTW-Besatzung
arbeitet dann mit der Crew des Helikopters
zusammen. Je nach Lage können Einsatzkräfte der Feuerwehr, der
gemeinnützigen Hilfsorganisationen, des Katastrophenschutzes und andere
Hilfsdienste mit in den Einsatz integriert sein. Zudem wird in Hamburg bei
jedem Hubschrauber- Primäreinsatz die Polizei zur Absicherung der Einsatzstelle
entsandt. Des weiteren bringt die Polizei den Notarzt und den Rettungsassistenten,
wenn erforderlich, im Streifenwagen zur Einsatzstelle, wenn kein Landeplatz
in der Nähe des Einsatzortes gefunden werden kann (in dicht bebauten
Gebieten).
In manchen Randgebieten Hamburgs, wie Teilen des sog. "alten Landes",
den Vier- und Marschlanden sowie rund um Duvenstedt, Ohlstedt usw. kommt
auch häufig eine Freiwillige Feuerwehr (FF) zur Erstversorgung mit
zur Einsatzstelle. Die Angehörigen der FF versorgen den Patienten bis
zum Eintreffen des Rettungsdienstes.

Primäreinsatz
mit Rettungsdienst, Feuerwehr und Pilozei. Verkehrsunfall, Person
eingeklemmt. (Foto: Frank Bernau) |
Man unterscheidet verletzungsbedingte "chirurgische Indikationen"
und erkrankungsbedingte "internistische Indikationen", benannt
nach zwei großen klinisch-medizinischen Fachbereichen. Die akuten
Erkrankungen machen das Gros der Einsätze aus.
Nach erfolgter Erstversorgung durch das Notarztteam wird der Patient transportfähig
gemacht und - zumeist unter Vorab-Anmeldung - in ein geeignetes Krankenhaus
transportiert. Dies geschieht innerhalb Hamburgs in aller Regel mit dem
Rettungswagen - das geht schneller und bedeutet für den Patienten weniger
Stress als der Hubschrauberflug.
Ist ein Krankenhaus nicht aufnahmebereit, so kann die Aufnahme von Patienten
auch verweigert werden. Wenn der Notarzt mitfährt, fliegen Pilot und
Bordtechniker die Maschine ebenfalls zu diesem Krankenhaus und holen dort
ihre medizinische Besatzung wieder ab.
Sollte der Notarzt schon an der Einsatzstelle entscheiden, dass der Transport
auch ohne ihn erfolgen kann, fliegt der SAR71 zum Rettungszentrum zurück
und die Crew erledigt die anfallenden Formalitäten ("Papierkrieg").

Alltägliche
Einsätze fordern die Crews am Meisten, hier Verkehrsunfall
auf der Autobahn BAB A7. (Foto: Frank Bernau) |
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Fehlalarme und Unfug
Zu den genannten Einsatzarten hinzu kommen Fehleinsätze, bei denen
sich nach dem Alarm herausstellt, dass die Lage vor Ort doch nicht so schlimm
ist wie angenommen, so dass der Hubschrauber letztlich nicht benötigt
wurde. Leider kommt es auch hin und wieder zu böswilligen "Unfug"-Einsätzen.
Von ihnen spricht man, wenn jemand wider besseren Wissens und ohne subjektiv
wirklich erkanntes Unglück einen Notruf absetzt und Rettungskräfte
anfordert - um sich einen vermeintlichen Spaß zu erlauben oder aus
reiner Langeweile. Die Erzeugung solch provozierter Fehleinsätze stellt
einen Straftatbestand dar und wird mit großer Härte polizeilich
verfolgt. Das hat den simplen Grund, dass der Unfugeinsatz nicht nur teuer
ist, sondern auch wichtige Kapazitäten des Rettungsdienstes völlig
unnütz gebunden werden, und anderswo deshalb zeitweise nicht verfügbar
sind. Unfugeinsätze können Menschenleben kosten.
Kommissionäre Primäreinsätze
Im Rahmen solcher Einsätze erfolgt der Transport eines bereits versorgten
Patienten vom Notfallort ins Krankenhaus. Generell ist bei dieser Einsatzart
bereits der Rettungsdienst vor Ort, und ein Notarzt hat entschieden, dass
zum Abtransport ein Hubschrauber erforderlich ist.
Aufgrund der geringen Distanzen zu Fachkliniken tritt innerhalb Hamburgs
diese Einsatzart fast nie auf. Anders verhält es sich im z.T. ländlichen
Hamburger Umland, wo gern auf diese Möglichkeit zurückgegriffen
wird.

Primär
versorgt im Süden von Hamburg und mit dem Hubschrauber in die
Klinik . (Foto: Stefan Simonsen | www.einsatzbilder.com) |
Sekundäreinsätze
Das Ziel von Sekundäreinsätzen ist die schnelle Notfallverlegung
von ärztlich versorgten Patienten aus einer Klinik in ein besser geeignetes
(Spezial-) Krankenhaus. Dazu wird der Hubschrauber allein angefordert. Nach
einem klärenden Arzt-zu-Arzt-Gespräch wird der Patient von der
abgebenden Klinik übernommen. Aufgrund seiner Beladung kann der Hubschrauber
künstliche maschinelle Beatmung, Kreislaufüberwachung und Monitoring
(RR, EKG, BZ, SPO2, ...) gewährleisten. Spritzenpumpen (auch unter
dem registrierten Warenzeichen "Perfusor" bekannt) sind mehrfach
vorhanden, sodass Medikamente über einen längeren Zeitraum kontrolliert
appliziert werden können. Diverses weiteres Gerät ist im Hubschrauber
darüber hinaus vorhanden, zudem kann nötigenfalls Spezialausrüstung
des Krankenhauses (zum Beispiel ein Transportinkubator)
an Bord genommen werden.

Gut
gerüstet auch für den Sekundäreinsatz.
(Foto: Harald Rieger | www.sar71.de) |
SAR-Einsätze
Nicht jeder Einsatz des SAR-Hubschraubers ist, wie man denken könnte,
auch ein "SAR-Einsatz". Die Kriterien für einen solchen sind
viel konkreter.
Der Auftrag des Such- und Rettungsdienstes (SAR-Dienst) ist in Deutschland
der Luftwaffe sowie über deutschen Hoheitsgewässern der Marine
und der DGzRS
übertragen. Er umfasst die Suche nach vermissten oder überfälligen
Luftfahrzeugen, nach vermissten Personen, überfälligen oder vermissten
Wasserfahrzeugen usw.
Ebenso wird gemäß des SAR-Auftrags von den SAR-Einheiten die
Rettung bzw. Bergung der Opfer von o.g. Unglücksfällen unterstützt
bzw. eigenständig durchgeführt.
SAR-Einsätze sind selten. Die Bundeswehr erkannte dies 1966 und seither
stellt sie ihre SAR-Hubschrauber auch für den Rettungsdienst regelmäßig
ergänzend zur Verfügung. Seit 1971 hält die Luftwaffe eigens
Rettungshubschrauber vor - wie in Hamburg stets unter dem Dach des SAR-Auftrags.
Ein sehr sinnvoller Synergieeffekt aus seltenen SAR-Einsätzen, für
die aber im Ernstfall gute Kräfte mit Hubschrauber erforderlich sind,
und dem täglichen Einsatz im Rettungsdienst, der die Crews fit hält
und der Allgemeinheit zugute kommt.

Verunfalltes
Luftfahrzeug gefunden - Einsatz für SAR Hamburg 71.
(Foto: Frank Bernau) |
Mehr dazu erfahren Sie in Kürze in unserem Infotext zur Geschichte
des SAR-Dienstes und des Hamburger Rettungszentrums.
Sonstige Einsätze
Natürlich ergibt sich aus den Vorteilen des Hubschraubers an sich -
Schnelligkeit, Wendigkeit, Übersicht aus der Luft etc. - hin und wieder
ein Einsatz, der keiner bislang genannten Einsatzkategorie zuzuordnen sind.
Da ist die Suche nach einem mit unklarer Örtlichkeit gemeldeten Brand,
der Transport von Blutkonserven und dergleichen. Die Zahl dieser Aufträge
ist gemessen am Gesamteinsatzaufkommen aber gering.
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