Bell UH-1D
Auf einen Blick
Die Bell UH-1D ist ein leichter Mehrzweckhubschrauber, der bei der Bundeswehr 2021 ausgemustert wurde. Im Rahmen der Mitwirkung der Bundeswehr an der zivilen Luftrettung wurden mit der Bell UH-1D des SAR-Dienstes zahllose Rettungseinsätze geflogen. Nach dem Rückzug der Luftwaffe aus der zivilen Luftrettung im Jahr 2006 kam dies bis zum Fly-Out 2021 allerdings viel seltener vor.

Bell UH-1D 'Huey'
Foto: Patrick Permien
Ausphasung der Bell UH-1D
Von 1971 bis 2006 stand sie aktiv im Dienst der deutschen Luftrettung: Die Bell UH-1D gehört zu den ältesten Hubschraubertypen der Rettungsfliegerei in der Bundesrepublik. Seit der Übernahme des Standortes in Neustrelitz am 01.07.2006 ist sie nur noch im Rahmen des ICAO-SAR-Dienstes der Bundeswehr im Einsatz. Mit der Aufgabe des oben genannten letzten Rettungszentrums endete somit auch die Zeit der Bell UH-1D in der öffentlich-rechtlichen Luftrettung in Deutschland.

Bell UH-1D als Rettungshubschrauber in Hamburg
Foto: Harald Rieger
Dort war sie noch bis 2021, also weitere 15 Jahre, im Dienst zum Auffinden abgestürzter, überfälliger oder vermisster Luftfahrzeuge sowie zur Rettung von dessen Insassen. Diese Nutzung endete erst mit der Indienststellung des Nachfolge-Waffensystems LUH SAR (siehe weiter unten).
Über den reinen SAR-Auftrag hinaus konnten die zivilen Rettungsdienste weiterhin auf die Bell UH-1D der Bundeswehr zugreifen, sofern kein anderes Luftrettungsmittel bereitstand. So war die Bell UH-1D noch bis 2021 gelegentlich an Einsatzstellen zu sehen.
Einsatz in der Luftrettung 1971-2006
Seit 1969 gehört die UH-1D zur Luftrettung – zunächst jedoch nur Rahmen des SAR-Dienstes nach ICAO. In der deutschen Luftrettung fand sie ab 1971 an Rettungszentren Verwendung, an denen die Hubschrauber standardmäßig mit Notärzten besetzt waren.
Die erste Station war hier das so genannte Testrettungszentrum in Ulm. Die Beauftragung der Bundeswehr durch Bundesverkehrsministerium für den allgemeinen SAR-Dienst erlaubte das Eangagement in der zivilen Luftrettung „als Quasi-Verdichtung“ des ohnehin bestehenden SAR-Standortnetzes, zumal die Luftwaffe darin eine Möglichkeit zur praxisnahen Ausbildung von Hubschrauberbesatzungen sah. Neben Standorten an den Bundeswehrkrankenhäusern Ulm, Koblenz und Hamburg wurden auch Standorte „auf zivilem“ Boden" eingerichtet, zum Beispiel in Nürnberg, Rheine und Würselen. Beginnend mit dem Jahr 1996 begann jedoch der Rückzug der Bundeswehr aus der zivilen Luftrettung mit der Begründung, dass die rettungsdienstliche Versorgung der Länder nicht Aufgabe der Streitkräfte sei. Die als „Rettungszentren“ bezeichneten Standorte wurden sukzessive an zivile Betreiber übergeben und/oder in eine zivil-militärische Zusammenarbeit überführt. Dies entsprach auch der Forderung einiger Träger des Luftrettungsdienstes, ihre Standorte mit einem moderneren Fluggerät auszustatten.

Auch der Katastrophenschutz setzte jahrelang Bell UH-1D erfolgreich in der Luftrettung ein; hier Christoph 35 in Brandenburg a. d. Havel
Foto: Michael Butz (Archiv)
Von 1984 bis 1997 setzte auch der deutsche Katastrophenschutz mehrere Bell UH-1D in der Luftrettung ein. An den von ihm betreuten Standorten Hannover und Wittlich kamen Maschinen zum Einsatz, die zuvor von aus Bundeswehrbeständen an das BMI übergeben worden waren. Nach der deutschen Wiedervereinigung setzte der Katastrophenschutz die Bell UH-1D zudem an verschiedenen, neu gegründeten Luftrettungs-Standorten in der ehemaligen DDR ein. So kam die Bell UH-1D längere Zeit in Brandenburg (Havel), Güstrow und Nordhausen zum Einsatz. Eigens für diesen Zweck übernahm das BMI sechs weitere Maschinen von der Bundeswehr. Auch an anderen Standorten des Katastrophenschutzes, die normalerweise mit BO 105 bedient wurden, wurden wartungsbedingte Ausfälle an allen Standorten nicht selten mit grünen Bell UH-1D der Grenzschutz-Fliegergruppe überbrückt.
Zeitweilig flogen auch die Heeresflieger in der zivilen Luftrettung mit der Bell UH-1D. Grund hierfür war Personal- und Maschinenmangel bei Stationen des Katastrophenschutzes.

Zeitweise half der Bundesgrenzschutz beim Katastrophenschutz mit Bell UH-1D in der Luftrettung aus: Hier Christoph 18 an der Uniklinik Würzburg
Foto: Michael Butz (Archiv)
Im Rahmen des militärischen Such- und Rettungsdienstes (SAR) fand man die Bell UH-1D zuletzt noch an den Standorten Niederstetten, Nörvenich und Holzdorf. Die SAR-Kommandos sind nur mit Hubschrauberführer, Bordtechniker und einem sog. Luftrettungsmeister besetzt – also ohne Notarzt. Sie führen eine notfallmedizinische Basisausstattung sowie ständig eine Rettungswinde mit sich.

Überall in Deutschland war die Bell UH-1D in der Luftrettung aktiv, wie hier der damalige SAR Nürnberg 74 bei einem Einsatz
Foto: Michael Butz (Archiv)
Charakteristika

Das Cockpit der Bell UH-1D ist noch ganz konventionelle Technik, die ohne große Flüssigkristall-Displays auskommt
Foto: Patrick Permien
Die Bell UH-1D "Huey" hat gleichermaßen bei fliegerischen Personal und Laien einen Kultstatus erreicht. Sie wird auch als die "Harley unter den Hubschraubern" bezeichnet. Das mag nicht zuletzt an dem charakteristischen Rotorgeräusch liegen, das ihr den zusätzlichen Spitznamen "Teppichklopfer" eingebracht hat. Basierend auf ihren Vorgängern Bell UH-1A, B und C war die Bell UH-1D eine logische Weiterentwicklung der bereits bewährten Muster mit einer größeren Kabine für die Rolle als Truppentransporter für bis zu 13 Soldaten oder 1760 kg Fracht.
Insbesondere im Vietnamkrieg bestand ein hoher Bedarf für dieses Missionsprofil, was dazu führte, dass die US Army das Muster in großen Stückzahlen beschaffte. Ein weiteres „Upgrade“ erfuhr die UH-1D durch den Einbau eines Lycoming T-53 L-13-Triebwerks mit 300 Wellen-PS mehr Leistung. Obwohl äußerlich nahezu gleich, wurden diese Maschinen als UH-1H bezeichnet.
Die US-Army setzte die Bell UH-1D/H sowie deren Vorläufer schon früh als Rettungshubschrauber ein, wobei bis zu sechs Tragen eingebaut werden konnten. Umrüstungen waren aufgrund des einfachen Prinzips relativ problemlos möglich, noch heute wird die Inneneinrichtung jeweils an den am Hubschrauberboden montierten Halterungen befestigt.

Der Wartungsaufwand für die Bell UH-1D ist im Laufe der Jahre erheblich gestiegen
Foto: Harald Rieger
Wie andere Hubschraubermuster ihrer Zeit waren die Maschinen der UH-1-Serie auf einen erwarteten Nutzungszyklus von etwa 20 Jahren ausgelegt. Ihre hohe Zuverlässigkeit sorgt dafür, dass die „Huey“ in vielen Streitkräften der Welt auch heute noch seinen Dienst versieht. Die Huey besitzt gutmütige Steuereigenschaften, lässt sich fast überall landen, hat große Zuladungskapazitäten bei vergleichsweise geringem Eigengewicht, lässt sich einfach warten, und gilt mitunter als unverwüstlich. Die deutsche Bundeswehr beschaffte die UH-1D in großem Stil aus deutscher Lizenzproduktion. Unter der Federführung von Dornier wurden 352 Maschinen gefertigt, von denen 203 an das Heer, 133 an die Lufwaffe und 16 an den Bundesgrenzschutz geliefert wurden. Ergänzt wurde die Flotte durch 4 Vorserienmaschinen aus US-amerikanischer Produktion. Strenggenommen handelt es sich bei den deutschen Lizenzbauten um UH-1H, weil während der Produktion auf das T53-L13-Triebwerk umgeschwenkt wurde und ältere Maschinen damit nachträglich ausgerüstet wurden. Auch die (minimalen) äußerlichen Unterschiede zur UH-1H wurden übernommen bzw. sie flossen aus der vorausgegangen Truppenerprobung mit in die Lizenzproduktion ein. Da sich der Lizenzvertrag jedoch ausdrücklich auf den Lizenzbau von Bell UH-1D berief, blieb es eben bei jener Versionsbezeichnung. „D“ steht jedoch nicht für Deutschland, wie mancherorts angenommen.
Durch die UH-1D wurden ab dem 15.02.1968 jene Muster abgelöst, die noch über ein Kolbentriebwerk verfügten, wie beispielsweise die Sikorsky H-34, Vertol H-21 „Banane“ und der Bristol Sycamore. Ab Anfang der 70er Jahre bildeten die Bell UH-1D in Verbindung mit der Westland Sea King Mk 41 sowie der BO 105 und später der Sikorsky CH-53 schnell eine solide Basis aus wenigen Typen, die bei der Bundeswehr zuverlässig flogen bzw. fliegen.
Weitere Verwendung bei der Bundeswehr

Trotz recht großer Außenabmessungen sind Landungen auf kleiner Fläche mit der UH-1D kein Problem
Foto: Patrick Permien
Bei der Luftwaffe ist die Zeit der UH-1D mittlerweile vorüber. Mit einem Festakt wurde am 19.12.2012 das Waffensystem verabschiedet. Verbleibende Maschinen sowie der Betrieb der SAR-Kommandos wurden zuletzt dem Transporthubschrauberregiment 30 der Heeresflieger in Niederstetten übertragen. Jedoch geschah dies durch die „Einsatzgruppe SAR“ auf der Außenstelle Penzing – also durch das Personal der aufgelösten 2. Staffel des Lufttransportgeschwaders 61 der Luftwaffe. Der Fly-Out erfolgte im Juni 2021.
Nachfolger H145 “LUH SAR“
Etliche Jahre lang war von der Bundeswehr geplant, den NH 90 als Nachfolger der Bell UH-1D auch für Zwecke des SAR-Dienstes einzusetzen, weil der NH90 als besonders universeller Militärhubschrauber ein möglichst großes Aufgabenspektrum übernehmen sollte. Dies scheiterte letztlich. Zum einen verzögerte sich die Einführung des NH 90 enorm (die ersten Pläne für diesen Hubschrauber stammen aus den 1980er Jahren), zum anderen musste man einsehen, dass dieser militärische Hubschraubertyp mit ca. 10 Tonnen bei weitem zu schwer und auch zu groß für die allermeisten Krankenhauslandeplätze ist.
Aus diesen Gründen wurde letztlich beschlossen, bei Airbus Helicopters die H145 zu bestellen und in der Ausstattung “LUH SAR“ an den SAR-Kommandos zu stationieren. Dies erfolgte in Niederstetten am 6. Juli 2020, in Nörvenich im Dezember 2020, und in Holzdorf im April 2021. Insgesamt stehen der Bundeswehr sieben LUH SAR als Nachfolger der Bell UH-1D zur Verfügung.

Maschinenwechsel am Bundeswehr-Rettungszentrum Hamburg
Foto: Harald Rieger

2006 gab die Luftwaffe das allerletzte verbliebene Bundeswehr-Rettungszentrum in Neustrelitz in zivile Hände – hier eine Archivaufnahme von 2004
Foto: Patrick Permien
Letzte Textänderung: 24.03.2023
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