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Faszination Luftrettung


MD 900 Explorer/ MD 902 Explorer II

Auf einen Blick

Die MD 900 Explorer ist ein moderner Hubschraubertyp und eine Entwicklung der US-amerikanischen Firma Mc. Donnel Douglas. Sein noch neueres Nachfolgemodell ist die MD 902. Trotz sehr guter Eignung für die Luftrettung konnte sich das Baumuster in der deutschen Luftrettung wegen Schwierigkeiten des Herstellers bei Support und Logistik nicht durchsetzen: Die MD 900 wird im öffentlich-rechtlichen "Christoph" Luftrettungsnetz mittlerweile nicht mehr eingesetzt. Einzig in der grenzüberschreitenden Luftrettung kommen in der Gegend um Trier die MD 902-Helikopter der luxemburgischen LAR zum Einsatz.

MD 900 - hier ein geleastes Exemplar im Einsatz für die IFA Leipzig

MD 900 - hier ein geleastes Exemplar im Einsatz für die IFA Leipzig

Foto: Michael Butz (Archiv)

MD 900 in der deutschen Luftrettung

Neben dem Hubschrauber Sonderdienst hat auch die ADAC Luftrettung GmbH Erfahrungen mit diesem Baumuster gesammelt. Sie hatte von 1997 bis 2004 zwei Maschinen dieses Typs geleast: Die Kennungen lauteten D-HITH, ehemals als "Christoph 77" in Mainz eingesetzt, und D-HMDX, ehemals als "Christoph Hansa" in Hamburg geflogen. Absicht der ADAC Luftrettung war, sie als Rettungshubschrauber (RTH) bzw. Intensiv-Transporthubschrauber (ITH) zu erproben. Diese Erprobungsphase wurde mittlerweile eingestellt: Das Baumuster findet beim ADAC seither keine Verwendung mehr. Auf die Gründe dessen werden wir untenstehend noch näher eingehen.

Außerdem hat die Internationale Flugambulanz e.V., kurz IFA, zweitweise eine MD 902 als ITH in Leipzig eingesetzt. Im Jahr 2003 jedoch wurde die D-HIFA durch eine EC 135 T1 mit der Kennung D-HEDY abgelöst, da der Leasingpartner der IFA Insolvenz anmeldete.

Der Hubschrauber Sonderdienst (HSD) hingegen setzte am Flughafen Hannover-Langenhagen zunächst weiterhin die MD 900 "D-HSDD" als "Christoph Niedersachsen" ein. Schlussendlich blieb es bei diesem einen Exemplar, denn der HSD stellte mittlerweile in Hannover auf das Baumuster EC 145 um.

Versionen

Der Unterschied zwischen der MD 900 Explorer und der MD 902 ist recht geringfügig. Die MD 902 verfügt über stärkere Triebwerke, eine leistungsfähigere Heizung und ist noch schneller als die MD 900 abflugbereit. Somit ist der Hubschrauber in der Lage, innerhalb von gut 30 Sekunden nach dem Turbinenstart airborned, also in der Luft zu sein. Die MD 900 wird inzwischen nicht mehr produziert – MD Helicopters setzt nunmehr voll auf die Version MD 902. Sie wird auch "Explorer II" genannt.

Aus technischen Gründen unterzog MD Helicopters alle ausgelieferten MD 900 Explorer sukzessive auf eigene Kosten einer Überholung, im Zuge derer der Heckausleger aller Maschinen verlängert wurde.

So nicht mehr anzutreffen: MD 900 "D-HMDX" unterwegs als "Christoph Hansa"

So nicht mehr anzutreffen: MD 900 "D-HMDX" unterwegs als "Christoph Hansa"

Foto: Harald Rieger

Mc. Donnel Douglas wendet für die MD 900 bzw. MD 902 das von ihr patentierte NOTAR-System an: Die Abkürzung steht für "No Tail Rotor". Der Hubschrauber benötigt keinen Heckrotor. Um das Drehmoment des Hubschraubers auszugleichen, strömt am hinteren Ende des Heckauslegers ein in Höhe des Hautrotors angesaugter Luftstrom heraus. Dieses System bietet gerade für RTH bzw. ITH enorme Vorteile, da gerade der sich schnell drehende Heckrotor von Hubschraubern eine unter Umständen erhebliche Gefahr für den Hubschrauber und Umstehende mit sich bringen kann – gerade bei einer Landung in einem hindernisreichen, unvorbereiteten Landefeld. Wenn der Heckrotor nicht vorhanden ist, wird das Risiko einer Kollision natürlich geringer.

Christoph Niedersachsen des Nachts in Hamburg-Eppendorf an der Uniklinik

Christoph Niedersachsen des Nachts in Hamburg-Eppendorf an der Uniklinik

Foto: Harald Rieger

Probleme

Trotzdem konnte sich die MD 902 in der deutschen Luftrettung bislang nicht flächendeckend etablieren. Entsprechendes gilt für ihren Vorgängertyp MD 900 Explorer: Die Leasingverträge der ADAC Luftrettung GmbH für ihre beiden MD 900 Explorer wurden wie zuvor erwartet nicht verlängert.

Bis ca. 2004 wurde erwartet, dass die D-HSDD des Hubschrauber Sonder Dienstes, eingesetzt als "Christoph Niedersachsen", spätestens in einigen Jahren durch eine EC 145 des TEAM DRF in DRF-Lackierung ersetzt werden könnte. Übergangsweise jedoch hatte der Hubschrauber Sonder Dienst dann seine MD 900 behalten und sogar eine Erweiterung seiner Flotte der MD 900 vollzogen. Dazu hat der HSD die vom ADAC ausgesonderten MD 900 Explorer aufgekauft und diese – umlackiert, aber unter den gleichen Kennungen – für seine Zwecke eingesetzt. Der HSD ersetzte damit seine noch bestehende Bell 222- Hubschrauberflotte. Diese hatten teilweise ein erhebliches Alter erreicht und wurden durch die MD 900 ersetzt. Für den wirtschaftlichen Sinn dieses sich andeutenden Vorhabens sprach zum Umstellungszeitpunkt, dass MD Helicopters ein neues Support-Zentrum für seine Hubschrauber innerhalb Europas in Aussicht gestellt hatte.

Die offizielle Indienststellung der ehemaligen ADAC-Maschinen und Übernahme der beiden MD 900 in den Bestand des HSD erfolgte am 08.10.2004 in Halle-Oppin.

Für den HSD in Halle: MD 900

Für den HSD in Halle: MD 900

Foto: Harald Rieger

Im weiteren Verlauf verlor der HSD eine MD 900 durch einen Unfall (siehe unten) und trennte sich dann im Zuge der Flottenkonsolidierung im Betreiberkonsortium Team DRF von den zwei verbleibenden Explorer-Maschinen.

Die Gründe, die gegen den Einsatz von MD 900 / 902 sprechen, sind nicht zahlreich. Aber es sind einige darunter, die schwer ins Gewicht fallen: Die Maschinen kosten zu viel und die Versorgung mit Ersatzteilen aus den USA ist "miserabel" (so ein Pilot der ADAC-Luftrettung zu rth.info). Der Kauf von fabrikneuen "MD Explorer" verbietet sich für die meisten Luftrettungs-Betreiber aufgrund ihrer eher schwachen Finanzlage, da der Hubschraubertyp so teuer ist. Auch der Betrieb von MD 900 / 902 ist jedoch zu kostspielig, wenn die Wartungszeiten wegen der fehlenden Ersatzteile extrem verlängert werden. Und zum anderen gibt es bereits diverse andere Hubschraubermuster, namentlich die bekannten Typen der deutsch-französischen Unternehmensgruppe Eurocopter, die in Deutschland als RTH / ITH weit verbreitet sind. Abhilfe könnte das obenstehend erwähnte Support-Center von MD Helicopters innerhalb Europas bringen.

Cockpit einer MD 900 "Explorer"

Cockpit einer MD 900 "Explorer"

Foto: Patrick Permien

Fazit

MD Helicopters hat mit der MD 900 Explorer und der "Explorer II" zwei für die Luftrettung eigentlich hochinteressante Typen auf den Markt gebracht. Die Crew des Hamburger Luftrettungsmittels "Christoph Hansa" begrüßte die Eigenschaften ihrer ehemals eingesetzten MD 900 Explorer. Gelobt wurden die internen und externen Abmessungen des Hubschrauberrumpfes, die geringen Lärmbelästigungen, die hohen Triebwerkleistungen, die kurzen Warmlaufzeiten der Triebwerke sowie einige andere Merkmale. Mangelhafter Support und hohe Kosten haben aber offensichtlich dazu geführt, dass die Chance, auf dem Markt der deutschen Luftrettung flächendeckend einzusteigen, bis dato gründlich verpasst wurde. Obwohl Marktpotential aufgrund der neuen EU-weiten "JAR-OPS"-Vorschriften durchaus gegeben gewesen wäre. Diese Richtlinien verhindern den Betrieb diverser älterer Hubschraubertypen aufgrund schärferer Sicherheitsnormen. Die Quittung für das offensichtliche Missmanagement hat MD Helicopters bereits bekommen. Es bleibt abzuwarten, ob andere Betreiber möglicherweise doch noch einen Neueinstig mit der MD 900 versuchen werden. Letzteres scheint derzeit unwahrscheinlich.

Die MD 900 stand ehemals im Einsatz für die Polizei in Niedersachsen

Die MD 900 stand ehemals im Einsatz für die Polizei in Niedersachsen

Foto: Harald Rieger

Bemerkenswerte Unfälle mit MD 900 in der deutschen Luftrettung

Am 11.03.2005 verunfallte die zu dem Zeitpunkt in Hannover für den HSD fliegende MD 900 "D-HITH" und wurde als Totalschaden abgeschrieben. Die Maschine war ersten Angaben zufolge beim Startvorgang von einer heftigen Windböe erfasst worden, was der Pilot nicht mehr kompensieren habe können, weshalb der Hubschrauber seitwärts von seiner Plattform stürzte. Die Zahl der im deutschen Luftrettungsdienst eingesetzten MD 900 hat sich dadurch auf zwei reduziert.

Anmerkung: MD Explorer und andere Begriffe und Produktbezeichnungen sind eingetragene Markenzeichen der MD Helicopters Inc., Arizona (USA) auch wenn wir dies nicht bei jeder Erwähnung der Begriffe erwähnt haben. Mehr dazu in den Nutzungsbedingungen von rth.info.

Letzte Textänderung: 03.03.2019

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Für die Luftrettung besteht ein dichtes Standortnetz – sowohl von Rettungshubschraubern, als auch von Intensivtransport-Hubschraubern für den Interhospitaltransfer (siehe unsere Standortkarte). Die Standorte werden von staatlichen und nichtstaatlichen Betreibern unterhalten. Die ADAC Luftrettung stellt die meisten zivilen Rettungshubschrauber in Deutschland. Die DRF Luftrettung betreibt auch besonders viele Luftrettungszentren in Deutschland. Ihr Vorgänger war die Deutsche Rettungsflugwacht e.V. – bis zum Wechsel von Name und Rechtsform (2008). Weitere wichtige Betreiber, darunter das Bundesministerium des Innern mit seinen Zivilschutzhubschraubern, stellen wir hier vor.

Hubschrauber ergänzen den Rettungsdienst am Boden in medizinischen Notlagen. Sie sollen nicht den Bodenrettungsdienst ersetzen, da Rettungshubschrauber nicht allwetterfähig sind. Luftretter unterscheiden mehrere Einsatzarten. Die wichtigsten sind primäre Notfalleinsätze an einem Einsatzort und sekundäre Patiententransporte von einer Klinik zur anderen. In der Luftrettung kommt komplexe notfallmedizinische Technik zum Einsatz, die u.a. Anaesthesie, Chirurgie, Innere Medizin und Pädiatrie abdeckt.

"Helicopter Emergency Medical Services", kurz HEMS, ist die englische Bezeichnung für Luftrettungsdienst. Der Assistent des Notarztes wird daher als HEMS TC bzw. HEMS Crew Member bezeichnet. Zahlreiche Piloten verdienen in der Luftrettung ihren Lebensunterhalt – für viele Fans ein Traumberuf. Die Betreiber setzen viele Flugstunden und Erfahrung voraus.

Der aktuell bedeutsamste europäische Hubschrauberhersteller ist Airbus Helicopters mit seinen Baumustern H135, H145, und weiteren. Der US-amerikanische Hubschrauberhersteller Bell hat mit den Baumustern Bell 212, Bell 222, Bell 412, die Luftrettung mit geprägt, aber seit ca. 2010 Marktanteile an Airbus Helicopters verloren. Beschreibungen weiterer Hubschrauber-Hersteller finden Sie in unseren Typentexten.

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