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Christoph 23 - ADAC & Bundeswehr, ein starkes Team

17.04.2004

Hubschraubertür: Hinweis auf die Betreiber-Kooperation

Hubschraubertür: Hinweis auf die Betreiber-Kooperation

Foto: Bernhard Rühl

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Zur Zeit gibt es zwei RTH- Stationen in der Bundesrepublik, an denen die ADAC Luftrettung mit der Bundeswehr gemeinsam die Luftrettung betreibt. Wir berichten heute über den Rettungshubschrauber „Christoph 23“ am Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz. Am 14. April 1973 nahm die Bundeswehr ein SAR-Rettungszentrum in Koblenz in Betrieb. Der dortige Hubschrauber sollte, wie schon "SAR 75" in Ulm, vorrangig den zivilen Rettungsdienst unterstützen und darüber hinaus auch den üblichen SAR-Auftrag gemäß der ICAO-Vorschriften erfüllen.

Bundeswehr in Luftrettung sowie Such- und Rettungsdienst (SAR)

Über den militärischen Such- und Rettungsdienst in Deutschland können Sie in unserem Betreibertext zur Bundeswehr mehr erfahren. Dort werden auch die entsprechenden Fachbegriffe näher erläutert!

Wie an den anderen Rettungszentren kam auch am Bundeswehr- Zentralkrankenhaus (BwZK) ein Hubschrauber vom Typ Bell UH-1D für die Luftrettung zum Einsatz. Die fliegerische Besatzung stellte das Hubschrauber-Transportgeschwader HTG 64 aus Ahlhorn bei Oldenburg. Nachdem das HTG 64 schließlich aufgelöst wurde, wechselte die Zuständigkeit für "SAR Koblenz 73" zum Landsberger LTG 61.

Seit der Indienststellung bis zur Übernahme des Stützpunktes durch den ADAC am 08.04.1999 flog die Bundeswehr 15.601 Rettungseinsätze.

Überschattet wurde die erfolgreiche Arbeit allerdings von einem schweren Flugunfall, bei dem "SAR 73" am 07.06.1990 nach Kontakt mit einer Freileitung in die Mosel stürzte.
Am 8. April 1999 hat schließlich die ADAC-Luftrettung die Station mit einer EC 135 P1, Kennung D-HRET, von der Bundeswehr übernommen. Seither steht stets ein Hubschrauber dieses Typs für die Koblenzer Luftrettung bereit. Für die Durchführung des militärischen Such- und Rettungsdienstes in und um Koblenz ist seither in erster Linie "SAR Nörvenich 41" zuständig.

EC 135 mit der Kennung "D-HRET" vor dem Koblenzer Hangar

EC 135 mit der Kennung "D-HRET" vor dem Koblenzer Hangar

Foto: Bernhard Rühl

Die ADAC-Maschine mit der interessanten Beschriftung (siehe Foto oben) ist neben der standardmäßigen flugtechnischen Ausrüstung mit einem DK 63 Navigationssystem ausgestattet. Bei der fliegerischen Komponente des Standortes gibt es aber noch mehr Besonderheiten: In den ursprünglich für die Bell UH-1D gebauten Hangar, welcher Anfang der 1990er Jahre erbaut und übernommen wurde, passt nur eine EC 135, und die auch nur knapp und mit präziser Rangierarbeit, hinein. Vor 1990 stand die Bundeswehrmaschine im Freien, das Betanken war zudem nur auf dem Heeresfliegerplatz Mendig möglich.

Auf zum Einsatz: Der Notarzt steigt gerade ein

Auf zum Einsatz: Der Notarzt steigt gerade ein

Foto: Bernhard Rühl

Auf eine tadellose Zusammenarbeit wird besonderen Wert gelegt: Die Crews aus insgesamt 3 ADAC Piloten, 15 Notärzten und 10 Rettungsassistenten des BWZK Koblenz sind ein routiniertes Team. Im Jahr 2003 flogen die Luftretter 1173 Einsätze, was einen leichten Rückgang im Vergleich zu 2002 bedeutet. Im Vorjahr war der RTH 1238 mal unterwegs, die Sekundäreinsatzrate lag in den letzten Jahren bei etwa 7%, die Fehleinsatzrate bei etwa 12%.

Innovativ die Konzepte der Bundeswehr. So war am Tage unseres Besuches der Offizier Major Dr. Sergej Moros der ukrainischen Armee anwesend, der im Rahmen seiner Ausbildung als Praktikant auf der Maschine mitflog.

Medizinische Ausrüstung. Gut erkennbar z.B. der Respirator "Oxylog 3000"

Medizinische Ausrüstung. Gut erkennbar z.B. der Respirator "Oxylog 3000"

Foto: Bernhard Rühl

Die Bundeswehr indes profitiert von ihrem erhalten gebliebenen Engagement in Koblenz auf dem medizinischen Sektor: Die Ärzte, welche auf "Christoph 23" und im Bundeswehr- Zentralkrankenhaus ihren Dienst tun, werden oft nach Afghanistan abkommandiert. In diesem Einsatzland der Bundeswehr profitieren die Anästhesisten ungemein von dem Wissen, das sie auf "Christoph 23" erwerben konnten. Die Erfahrungen in der präklinischen Medizin können in Afghanistan genauso Leben retten wie in der heimischen Stadt am Rhein.

Und weil die Bundeswehr durchaus wahrgenommen hat, wie sinnvoll die Tätigkeit ihres medizinischen Personals in der Luftrettung sein kann, hat das "Betreiber-Modell Koblenz" sogar Nachahmer gefunden. Am Bundeswehrkrankenhaus Ulm setzt man seit dem 01.04.2003 auch auf eine Zusammenarbeit von ADAC und Bundeswehr, die vom Prinzip her dem Koblenzer Modell stark gleicht.

Im Flug: "Christoph 23"

Im Flug: "Christoph 23"

Foto: Bernhard Rühl

Zu den Besonderheiten der medizinischen Ausrüstung des dortigen "Gelben Engels" zählen ein Lifepack 12 Defibrillator, ein tragbares Beatmungsgerät vom Typ "Oxylog 3000" und eine spezielle Tasche, in der die wichtigsten Medikamente für die notfallmäßige Einleitung einer Narkose (Hypnomidate, Succinycholin, Atropin und Dormicum) bereits fertig aufgezogen mitgeführt werden. Diese Medikamente werden täglich frisch gerichtet, und über Nacht im Kühlschrank aufbewahrt. In Zusammenhang mit dieser Besonderheit des Koblenzer Standortes muss erwähnt werden, dass die Ärzte, welche den Hubschrauber besetzen, Anästhesisten sind und deshalb mit der Narkoseeinleitung natürlich ganz besonders vertraut sind. Aber selbstverständlich geht es in Koblenz nicht nur um die präklinische Anästhesie: Man kennt sich im „Geschäft“ rundum bestens aus. Die Retter des „Christoph 23“ schwören auf ihre Anti-Schockhose, welche ebenfalls zur Ausrüstung gehört. Die Antischockhose wurde in den USA unter dem Namen MAST (Military-Anti-Shock-Trousers) entwickelt und dient unter anderem der Blutdrucksteigerung im Fall eines Volumenmangelschocks - der zum Beispiel als Folge von inneren Verletzungen auftreten kann.

Die Räumlichkeiten für die Crew des "Christoph 23"

Die Räumlichkeiten für die Crew des "Christoph 23"

Foto: Bernhard Rühl

Am Tage unseres Besuches war das Wetter sehr unbeständig, sonnige Abschnitte wechselten mit teilweise dichten Schneeschauern, weshalb die Männer vom "Christoph 23" erst gegen Mittag zu Ihrem ersten Einsatz starten konnten, zu dem Sie von der zuständigen Rettungsleitstelle Mayen (Kanal 411 G/U) alarmiert wurden. So blieb uns mehr als ausreichend Zeit, uns mit der Crew ausführlich zu unterhalten.
Die ausgesprochen freundliche Begrüßung ist auch ein Grund, in Zukunft sicher noch einmal über das "starke Team" zu berichten...

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Über rth.info und unser Themenspektrum

Wir vom Nachrichtenmagazin rth.info berichten ehrenamtlich über Rettungshubschrauber, also notfallmedizinisch ausgerüstete und besetzte Helikopter, die im Rettungsdienst eingesetzt werden. Hubschrauber sind wertvoll als Rettungsmittel, da sie schnell, wendig und unabhängig vom Straßennetz sind. Ebenso dienen sie zum eiligen Transfer von Intensivpatienten zwischen Kliniken.

Für die Luftrettung besteht ein dichtes Standortnetz – sowohl von Rettungshubschraubern, als auch von Intensivtransport-Hubschraubern für den Interhospitaltransfer (siehe unsere Standortkarte). Die Standorte werden von staatlichen und nichtstaatlichen Betreibern unterhalten. Die ADAC Luftrettung stellt die meisten zivilen Rettungshubschrauber in Deutschland. Die DRF Luftrettung betreibt auch besonders viele Luftrettungszentren in Deutschland. Ihr Vorgänger war die Deutsche Rettungsflugwacht e.V. – bis zum Wechsel von Name und Rechtsform (2008). Weitere wichtige Betreiber, darunter das Bundesministerium des Innern mit seinen Zivilschutzhubschraubern, stellen wir hier vor.

Hubschrauber ergänzen den Rettungsdienst am Boden in medizinischen Notlagen. Sie sollen nicht den Bodenrettungsdienst ersetzen, da Rettungshubschrauber nicht allwetterfähig sind. Luftretter unterscheiden mehrere Einsatzarten. Die wichtigsten sind primäre Notfalleinsätze an einem Einsatzort und sekundäre Patiententransporte von einer Klinik zur anderen. In der Luftrettung kommt komplexe notfallmedizinische Technik zum Einsatz, die u.a. Anaesthesie, Chirurgie, Innere Medizin und Pädiatrie abdeckt.

"Helicopter Emergency Medical Services", kurz HEMS, ist die englische Bezeichnung für Luftrettungsdienst. Der Assistent des Notarztes wird daher als HEMS TC bzw. HEMS Crew Member bezeichnet. Zahlreiche Piloten verdienen in der Luftrettung ihren Lebensunterhalt – für viele Fans ein Traumberuf. Die Betreiber setzen viele Flugstunden und Erfahrung voraus.

Der aktuell bedeutsamste europäische Hubschrauberhersteller ist Airbus Helicopters mit seinen Baumustern H135, H145, und weiteren. Der US-amerikanische Hubschrauberhersteller Bell hat mit den Baumustern Bell 212, Bell 222, Bell 412, die Luftrettung mit geprägt, aber seit ca. 2010 Marktanteile an Airbus Helicopters verloren. Beschreibungen weiterer Hubschrauber-Hersteller finden Sie in unseren Typentexten.

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