Der Rettungshubschrauber für die Westpfalz (Teil 4): Wo ein Wille ist ... – Start frei für „Christoph 66“
03.11.2019
In dieser Reportagenserie sind erschienen:
- 15.09.2019 :: Der Rettungshubschrauber für die Westpfalz (Teil 1): Im Anfang war „Christoph Kaiser“
- 21.09.2019 :: Der Rettungshubschrauber für die Westpfalz (Teil 2): David oder Don Quijote? Eine Bürgerinitiative pro RTH formiert sich und scheitert – vorerst
- 28.09.2019 :: Der Rettungshubschrauber für die Westpfalz (Teil 3): Wo zwei oder drei ... – JLR und WKK stellen Hubschrauber für innerklinische Transporte in Dienst
- 03.11.2019 :: Der Rettungshubschrauber für die Westpfalz (Teil 4): Wo ein Wille ist ... – Start frei für „Christoph 66“
Im vierten und letzten Teil der rth.info-Reportage über den Rettungshubschrauber für die Westpfalz geht es um die vorerst auf ein Jahr befristete Stationierung des Dual-Use-Rettungshubschraubers “Christoph 66“ der ADAC Luftrettung und das abrupte Ende des Intensivtransporthubschraubers (ITH) “Air Rescue Pfalz“ der Johanniter Luftrettung (JLR).
Wie bereits im Teil 3 berichtet, gab es schon kurz nach der Stationierung des für innerklinische Zwecke des Westpfalz-Klinikums Kaiserslautern (WKK) stationierten ITH “Air Rescue Pfalz“ der JLR Gespräche und Diskussionen über den Sinn und Zweck des neuen Luftrettungsmittels, das auch subsidiär Notfalleinsätze in der Region flog. Erinnert sei daran, dass sich die Krankenkassen als Kostenträger anfänglich weigerten, die Flüge zu Notfalleinsätzen zu vergüten. Nichtsdestotrotz etablierte sich der rot-weiße Heli mit dem Spitznamen “Red Nose“ und flog bis zum Jahresende 2018 bereits 166 Einsätze, davon 136 im Rahmen der Notfallrettung und nur 20 Sekundärtransporte. Die rth.info vorliegende Einsatzstatistik der JLR weist darüber hinaus zehn Fehleinsätze für die Monate November und Dezember 2018 aus. Am Ende standen 1.082 Einsätze zu Buche, davon 107 Sekundäreinsätze, 328 Behandlungen vor Ort (ohne Transport), 594 Primärtransporte und 53 Fehleinsätze.
Jeden Morgen startet “Christoph 66“ von Ludwigshafen aus zu seinen Einsätzen in die Westpfalz – er übernachtet im neuen Hangar der ADAC-Station “Christoph 5“
Foto: Ole Meisen
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Der ITH “Air Rescue Pfalz“ flog vom 22. Oktober 2018 bis 2. September 2019 1.082 Einsätze – seine Homebase in Sembach sah er nur selten
Foto: Jörn Fries
Land schreibt Interimsbetrieb aus
In der Folge teilte das Ministerium des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz (MdI RLP) am 4. Februar 2019 mit, dass der Probebetrieb des „Air Rescue Pfalz“ vorerst bis Ende April 2019 gesichert sei und eine EU-weite Ausschreibung für einen gesetzeskonformen einjährigen Interimsbetrieb erfolgen solle. Zugleich gab es im Februar 2019 einen vielbeachteten Aufruf zur Interessensbekundung für die vorerst befristete Stationierung eines Rettungshubschraubers in der Westpfalz. Darüber hinaus gab das rheinland-pfälzische Innenministerium am 11. Februar 2019 eine gutachterliche Bedarfsanalyse zur Luftrettung in Rheinland-Pfalz in Auftrag. Dieses Gutachten wurde bis heute nicht veröffentlicht, entsprechende Antworten auf Anfragen von rth.info an die Pressestelle des MdI RLP blieben diffus. Die Abgabe der Vergabeunterlagen an die Interessenten für den Probebetrieb erfolgte am 15. Februar 2019. Das Ende der Frist zum Einreichen der Vergabeunterlagen musste das Innenministerium Rheinland-Pfalz am 26. Februar 2019 um zwei Wochen verlängern, da Interessenten Nachfragen zu der Ausschreibung hatten. Das endgültige Ende der Abgabefrist der Vergabeunterlagen wurde dann auf den 12. März 2019 terminiert.
Wenige Tage später, am 19. März, ging ein Antrag der DRF Luftrettung auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Verwaltungsgericht (VG) Mainz ein. Der Antragsteller griff insbesondere die Vorgabe an, nachdem der in der Ausschreibung genannte Transporthubschrauber im Rettungsdienstbereich Kaiserslautern, also in den Landkreisen Kaiserslautern, Kusel und Donnersbergkreis bzw. in der Stadt Kaiserslautern, stationiert werden solle, und bezeichnete dieses als nicht rechtskonform. Daraufhin mussten die für den 21. und 22. März 2019 geplanten Bietergespräche bezüglich der Interimsvergabe für die Zeit von Mai 2019 bis April 2020 ausgesetzt werden. Am 21. Mai 2019 wurde der Antrag im „Interimsdienst-Leistungsverfahren Luftrettung Westpfalz“ der DRF Luftrettung auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung vom VG Mainz abgelehnt. Das MdI RLP gab am 23. Juni bekannt, dass der Beschluss des VG Mainz vom 21. Mai nun rechtskräftig geworden sei und damit die Bietergespräche in der darauffolgenden Woche fortgesetzt werden könnten. Unaufgefordert berichtete es am 6. August 2019, dass sich drei Bieter (ADAC Luftrettung, DRF Luftrettung und Johanniter Luftrettung) um die Interimsdienstleistungskonzession beworben hätten, ein bei bisherigen Vergabeverfahren nicht bekanntes und deshalb durchaus als unüblich zu bezeichnendes Vorgehen des Ministeriums.
Innenministerium informiert Öffentlichkeit vorab über Entscheidung
Am 23. August gab die Pressesprecherin des MdI RLP gegenüber der Lokalzeitung “Die Rheinpfalz“ (RP) bekannt, dass sich die ADAC Luftrettung gemeinnützige GmbH im Bieterverfahren gegen die anderen beiden Bewerber durchgesetzt hatte und den RTH für den Übergangs- und Interimsbetrieb stellen sollte. Wortwörtlich hieß es in dem RP-Artikel:
“Das Angebot der Johanniter-Unfall-Hilfe, die sich zusammen mit dem Nachunternehmer Heli-Flight GmbH & Co. KG an dem Vergabeverfahren beteiligt hatte, habe vor allem bei der qualitativen Bewertung Abschläge gegenüber dem Angebot der ADAC Luftrettung gGmbH hinnehmen müssen, so Bräuer weiter. ‘Das Angebot der DRF Stiftung Luftrettung gAG konnte vor allem hinsichtlich der Kosten der Leistungserbringung nicht mit den Angeboten der beiden anderen Bieter mithalten. ‘ Johanniter und DRF seien am Donnerstag über die Gründe für die Nichtberücksichtigung ihrer Angebote informiert worden.“
Dass bereits vor der öffentlichen Bekanntgabe der Entscheidung des MdI RLP solche Informationen freimütig an die Presse gegeben wurden, verwundert schon sehr.
Am 28. August dieses Jahres teilte die Pressestelle des MdI RLP mit, dass dem Ministerium des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz auf Nachfrage eines Ministeriumsmitarbeiters durch den Aufsichtsratsvorsitzenden des WKK, Landrat Rainer Guth, mitgeteilt worden sei, dass die JLR ab dem 2. September nicht mehr für Luftrettungseinsätze zur Verfügung stehen würde. Weiter heißt es in der Stellungnahme, dass vor dem Hintergrund keinerlei bestehender Verträge mit der JLR das MdI RLP für eine unterbrechungsfreie Versorgung bzw. Sicherstellung der Luftrettung gesorgt habe. Der ADAC würde sofort einspringen. Der BOS-Funkrufname „Christoph 66“ wurde in Abstimmung des beauftragten Leistungserbringers, in diesem Fall die ADAC Luftrettung, mit dem MdI RLP festgelegt. Das verwundert einmal mehr, denn bisher hieß es doch aus dem Innenministerium, es gebe keinerlei Versorgungslücken. Wieso sollte plötzlich eine Lücke zu füllen sein, die es doch gar nicht gebe? Hektische Aktivitäten seitens des MdI RLP, der ADAC Luftrettung, der JLR und des WKK waren die Folge, wobei im Nachhinein, trotz mehrfacher Anfragen an das MdI RLP und die ADAC Luftrettung, nicht mehr mit Sicherheit festgestellt werden kann, wer hier wie und wann agierte und wer hier wie und wann reagierte. Das (gewollte?) Chaos sollte sich über den Monatswechsel August/September 2019 fortsetzen.
Wie erfuhr die Untere Rettungsdienstbehörde von dem anstehenden Wechsel?
Diese Frage haben wir dem Kaiserslauterer Landrat Ralf Leßmeister am 8. Oktober gestellt. Er beantwortete diese und andere Fragen bereits am 10. Oktober. Die Antwort des Landrats auf diese Frage ist vielsagend: “Am späten Abend des 28. August wurde der ärztliche Leiter Rettungsdienst darauf hingewiesen, dass im System ‘Rescuetrack‘ im Bereich Flugplatz Eßweiler ein mit dem Namen ‘Christoph 66 Westpfalz‘ positioniert sei. Dies konnte er verifizieren. Bereits am nächsten Morgen wurden die ersten Pressestimmen laut, die vermeldeten, dass der genannte Hubschrauber zum 2. September starten würde. In der Folge hat der ärztliche Leiter Rettungsdienst am Vormittag des 29. August eine offizielle, dringliche Anfrage an die zuständige Behörde für die Luftrettung, also das MdI RLP, gestellt, ob nun ein solcher Hubschrauber hier stationiert werde und wann der Betrieb begonnen würde. Hierauf erhielten wir am 29.08.2019 um 11:38 eine Rückantwort, die den Start des ADAC am 2. September bestätigte. Somit erfolgte die Information der Rettungsdienstbehörde nur auf Nachfragen und im unmittelbaren Vorfeld, nachdem bereits andere, öffentliche Institutionen Kenntnis hatten. Ich hätte hier als Landrat und zuständige Rettungsdienstbehörde eine entsprechende Information seitens des zuständigen Ministeriums im Vorfeld erwartet.“
Fly-In “Christoph 66“ – Fly-Out “Air Rescue Pfalz“
Am 2. September 2019 erfolgte am frühen Vormittag der Fly-In von „Christoph 66“ in Eßweiler und am späten Nachmittag der Fly-Out von „Air Rescue Pfalz“ aus Sembach (rth.info berichtete ausführlich – auch zu den täglichen Pendelflügen zwischen Ludwigshafen und Eßweiler). Positiv betrachtet wurde damit ein jahrzehntelanges und beharrliches Engagement zum Erfolg geführt und eine neue Ära in der bundesdeutschen Luftrettung begann. Wie die Pressestelle des Ministeriums des Innern und für Sport des Landes Rheinland-Pfalz am 11. September mitteilte, solle die Übergangsvereinbarung einen Zeitraum von maximal sechs Wochen nicht überschreiten. Daran schließe sich der Interimsvertrag mit einer Laufzeit von “fünfzehn [sic!] Monaten“ an. Bereits am Abend des 2. September sagte Innenstaatssekretär Randolf Stich, nur wenige Stunden nach der Unterzeichnung des Vertrages mit der ADAC Luftrettung gGmbH, den Dauerbetrieb eines RTH in der Westpfalz zu. Er verwies auf das schon erwähnte Gutachten zur Luftrettung in der Westpfalz, welches leider nicht eingesehen werden konnte. Dieses sei positiv ausgefallen, so Stich gegenüber der RP. Demnach müsste die neue Luftrettungsstation für die Westpfalz zum vierten Quartal 2020 durch das MdI RLP ausgeschrieben werden. Der genaue Zeitpunkt des Beginns der Ausschreibung stehe laut der Pressestelle des MdI RLP noch nicht fest, solle aber höchstwahrscheinlich im ersten Quartal 2020 erfolgen. Das saarländische Innenministerium konnte diese Angaben auf Anfrage von rth.info nicht bestätigen. Man sei noch in Abstimmungsgesprächen, da die Stationierung eines neuen Luftrettungsmittels im Grenzgebiet zum Saarland auch die dortige rettungsdienstliche Infrastruktur beeinflusse.
In Bad Bergzabern – außerhalb des primären Versorgungsbereichs – traf der Fotograf im September 2019 auf “Christoph 66“
Foto: Felix Hammer
Regelung der Kostenerstattung durch die Krankenkassen
Hinsichtlich der Kostenerstattung teilte die AOK Rheinland-Pfalz/Saarland am 4. September mit, dass sich die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) aufgrund der Kurzfristigkeit der Stationierung zu diesem Zeitpunkt in Gesprächen mit dem Land und dem Leistungserbringer, d. h. der ADAC Luftrettung, befand. Zur Festlegung der Entgelte für den neuen RTH in der Westpfalz teilte die AOK rth.info mit: „Wie bundesweit geregelt, erfolgt die Vergütung des Christoph 66 über den Flugminutenpreis. Details werden im Innenverhältnis mit unseren Partnern besprochen.“ Auf den „Air Rescue Pfalz“ bezogen, teilte die AOK am 9. September gegenüber rth.info mit, dass man mit Rücksicht auf den Verhandlungspartner JLR hierzu keinerlei Angaben machen werde.
Gutachten zur Situation der Luftrettung in der Westpfalz
Ob der „Air Rescue Pfalz“ und dessen Nachfolger, der RTH/ITH „Christoph 66“, in der Gesamtbetrachtung zur Optimierung der notfallmedizinischen Versorgung in der Westpfalz beigetragen konnte bzw. kann, sollte die vom MdI RLP in Auftrag gegebene Bedarfsanalyse zeigen. Leider liegt sie der interessierten Öffentlichkeit, wie bereits mehrfach erwähnt, bislang nicht vor. Vor diesem Hintergrund darf die Luftrettung auch nicht isoliert betrachtet werden, da diese ihrem Auftrag entsprechend eine Ergänzung eines voll ausgebauten und funktionsfähigen bodengebundenen Rettungsdienstes darstellen soll. Darüber hinaus sind der Luftrettung operationelle Grenzen gesetzt:
- Beispielsweise ergeben sich Limits durch das Wetter und in der Nacht.
- Insbesondere bei den immer wieder geforderten Nachteinsätzen, die während des Übergangs- und Interimsbetriebes nicht vorgesehen sind, bestehen deutlich höhere Vorlaufzeiten von mindestens zehn bis 15 Minuten, gegenüber der Einsatzbereitschaft während des Tages mit zwei Minuten.
- Des Weiteren kann der RTH nicht jede Einsatzstelle direkt anfliegen, da nicht überall geeignete und damit sichere Landestellen vorhanden sind, was insbesondere wieder auf die mit der Stationierung eines RTH in der Westpfalz geforderten Nachteinsätze zutrifft.
Deshalb ist immer wieder auf den effizienten Einsatz des bodengebundenen Rettungsdienstes mit Notarztwagen (NAW), Notarzteinsatzfahrzeugen (NEF) und Intensivtransportwagen (ITW) sowie einem angepassten Ausbau von Rettungswachen mit Rettungswagen (RTW) hinzuweisen. Hier ist unabhängig von der Luftrettung dafür Sorge zu tragen, dass bestehende Rettungswachen und Notarztstandorte erhalten und in 24-Stunden-Bereitschaft bleiben sowie dort, wo es notwendig und geboten erscheint, auch weitere RTW und NEF zu stationieren sind, so dass ein notarztgestützter, bodengebundener Rettungsdienst lückenlos zur Verfügung steht. Auch die Verlegung von bereits bestehenden Rettungs- und Notarztwachen zur Einhaltung der Hilfsfristen dürfte kein Tabu mehr sein. Dass dies zwingend notwendig erscheint, zeigte nicht zuletzt die Ende September 2019 veröffentlichten Abmeldezahlen von NEF-Stützpunkten (siehe Weblink im Kontextbereich der Reportage).
Quasi als erster Exkurs folgen nun Stellungnahmen von AOK und vdek zu aktuellen Fragen.
EXKURS I: Notarztversorgung in Rheinland-Pfalz – Stellungnahme der AOK
Auf die Frage, welche Maßnahmen die Kostenträger unternommen haben, um die Nichtbesetzung verschiedener Notarztstandorte in Rheinland-Pfalz, insbesondere in der Westpfalz, zu kompensieren antwortete Thomas Schneider, Leiter Stabsbereich Unternehmenskommunikation und Politik der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland am 9. Oktober, dass ...
[...] die Notfallversorgung der Bevölkerung grundsätzlich durch den bodengebundenen Rettungsdienst sichergestellt [ist]. Im Bedarfsfall kann der Luftrettungsdienst dazu dienen, um den bodengebundenen Rettungsdienst zu unterstützen, indem er beispielsweise als Notarztzubringer fungiert. Allerdings ist dies nicht die Hauptaufgabe. Der Schwerpunkt des Luftrettungsdienstes in Rheinland-Pfalz liegt klar auf dem Notfalltransport, also auf der Durchführung von Primär- und Sekundäreinsätzen mit zeiteinsparendem Patiententransport. Vertragspartner für die Sicherstellung der Notarztstandorte sind Krankenhäuser (oder wenn eine Einigung nicht möglich ist, niedergelassene Ärzte), die Kreisverwaltungen und die Kassen. Den Kassen ist eine gute Versorgung der Menschen in der Stadt und in ländlichen Regionen besonders bei Notfällen sehr wichtig. Bereits seit 1990 arbeiten die Kassen deshalb u.a. mit dem Innenministerium, den Krankenhäusern und den Kommunen eng zusammen. Im Rahmen verschiedener Gespräche unterschiedlicher Besetzung soll vor allem das Ziel erreicht werden, die Abmeldequoten so niedrig wie möglich zu halten. Je nach individueller Situation kommen verschiedene Maßnahmen in Betracht:
- Verbesserung der Organisation (primäre Aufgabe der Krankenhäuser, Krankenkassen unterstützen soweit möglich)
- Gestaltung der Einsatz- und Vertretungspläne
- länderübergreifende Arbeitsteilung der Krankenhäuser
- Überprüfung der vorhandenen Strukturen in Rheinland-Pfalz hinsichtlich der Bedarfsgerechtigkeit
- ggf. Umstrukturierung der einzelnen Standorte, um auch dem Fachkräftemangel zu begegnen
- Beachtung möglicher Auswirkungen der aktuellen bundesweiten Reform der Notfallversorgung auch auf Rheinland-Pfalz
Der Luftrettungsdienst kann den bodengebundenen Rettungsdienst nur unterstützen.“
Notarztversorgung in Rheinland-Pfalz – Stellungnahme des vdek
Die vdek-Landesvertretung Rheinland-Pfalz hat auf die rth.info-Frage: “Welche Maßnahmen haben Sie, ggf. mit (den) anderen Krankenkassen als Kostenträger, unternommen, um die Nichtbesetzung verschiedener Notarztstandorte in Rheinland-Pfalz, insbesondere in der Westpfalz, zu kompensieren?“ mit folgender Stellungnahme geantwortet:
„Die Notfallversorgung der Bevölkerung ist grundsätzlich durch den bodengebundenen Rettungsdienst in der Westpfalz und im übrigen Rheinland-Pfalz sichergestellt. Lediglich in bestimmten Notsituationen ist es für den Patienten schonender und damit medizinisch notwendig per Luft in eine Klinik zu gelangen. Vertragspartner für die Sicherstellung der Notarztversorgung sind grundsätzlich Krankenhäuser oder niedergelassene Ärzte, die Kreisverwaltungen und die Krankenkassen. Den Krankenkassen ist eine gute Versorgung der Menschen in Rheinland-Pfalz besonders bei Notfällen sehr wichtig. Deshalb arbeiten sie u. a. mit dem Innenministerium, den Krankenhäusern (wie dem Westpfalz-Klinikum) und den Kommunen eng zusammen. In verschiedenen laufenden Gesprächsrunden mit allen Beteiligten wird dafür Sorge getragen, dass die Notarztversorgung im Land gesichert bleibt. Im Einzelnen wurde[...] und werde[...] gerade über diese Maßnahmen gesprochen und verhandelt:
- Verbesserung der Organisation (primäre Aufgabe der Krankenhäuser, Krankenkassen unterstützen soweit möglich)
- Gestaltung der Einsatz- und Vertretungspläne
- länderübergreifende Arbeitsteilung der Krankenhäuser
- Überprüfung der vorhandenen Strukturen in Rheinland-Pfalz hinsichtlich der Bedarfsgerechtigkeit
- ggf. Umstrukturierung der einzelnen Standorte, um auch dem Fachkräftemangel zu begegnen
- Beachtung möglicher Auswirkungen der aktuellen bundesweiten Reform der Notfallversorgung auch auf Rheinland-Pfalz
Daraus wird ersichtlich, dass es in allen Gesprächen, insbesondere in denen über den Kreis Kaiserslautern, nicht darum geht, weitere Einsatzfahrzeuge zu stationieren, sondern vielmehr die vorhandenen aus Sicht der Krankenkassen sinnvoll über die Fläche zu verteilen, um eine optimale Erreichbarkeit zu erzielen.“
Die ebenfalls angefragte IKK Classic verwies in ihrer Antwort direkt auf die AOK-Stellungnahme.
Optimierung des Rettungsdienstes im Saarland
Bezüglich der originären Funktion der Luftrettung, also der Ergänzung der Bodenrettung, hätte auch das Saarland, in der Primärrettung, insbesondere in den östlichen und nordöstlichen Landesteilen, sowie im gesamten kleinsten Flächenbundesland durch den zusätzlichen RTH/ITH deutliche Vorteile. So könnte „Christoph 66“ die saarländische Luftrettung ergänzen, wenn der RTH „Christoph 16“ in Saarbrücken bereits in einem Einsatz gebunden ist. Laut der Pressestelle des Ministeriums für Inneres und Sport des Saarlandes vom 9. September werden die Einsatzmöglichkeiten des „Christoph 66“ im Saarland derzeit überprüft. Hierzu laufen Abstimmungsgespräche mit dem Nachbarbundesland Rheinland-Pfalz. Ergebnisse dieser offensichtlich längere Zeit beanspruchenden Abstimmungsgespräche sind rth.info nicht bekannt.
Erste Bilanz nach vier Wochen „Christoph 66“
Über die Einsatzbilanz der ersten vier Wochen des RTH „Christoph 66“ berichtete “Die Rheinpfalz“ in ihrer Ausgabe vom 30. September. Nach Angaben von Rüdiger Neu, Flugbetriebsleiter Südwest der ADAC Luftrettung, wurden insgesamt 126 Einsätze geflogen, davon 95 Primär-, 23 Sekundär- und acht Fehleinsätze. Dabei wurden im Rahmen der Primäreinsätze 60 Patienten an der Notfall- bzw. Einsatzstelle versorgt und danach bodengebunden mit dem Rettungswagen in die Klinik transportiert sowie 35 Patienten nach erfolgter Versorgung mit dem RTH in das nächste, geeignete Krankenhaus geflogen.
Der Dual-Use-RTH “Christoph 66“ flog bereits in den ersten vier Wochen über 120 Einsätze (hier fliegt die H145 über den Segelflugplatz Eßweiler)
Foto: Felix Hammer
Hier sieht man den Gelben Engel am Interimsstandort Eßweiler (Kreis Kusel)
Foto: Felix Hammer
Weiter geht aus der Statistik hervor, dass der gelbe Engel in der Westpfalz durchschnittlich 4,5 Einsätze pro Tag geflogen ist. Die Verteilung nach Landkreisen zeigt, dass „Christoph 66“ mit 24% am meisten im Landkreis Kaiserslautern, gefolgt vom Landkreis Kusel mit 17%, dem Donnersbergkreis mit 16% (alle im Rettungsdienst- und Leitstellenbereich Kaiserslautern) und im Landkreis Bad-Kreuznach (Rettungsdienstbereich Rheinhessen-Nahe) mit 15% sowie u.a. in Frankenthal, Pirmasens und Worms erfolgten.
In den ersten vier Wochen wurde auch die für den Flug- und Einsatzbetrieb während der Probe- und Interimsphase notwendige Infrastruktur am Segelflugplatz Eßweiler, wo die ADAC Luftrettung über eine mit Auflagen versehene Genehmigung nach § 25 LuftVG des LandesBetriebMobilität Rheinland-Pfalz (LBM RLP) verfügt, errichtet. So bestehen die provisorischen Standortanlagen aus vier Containern, die als Bereitschafts- und zwei Ruheräume genutzt werden, sowie einem Sanitärcontainer und einem Tankbereich mit einem Tankwagen. Die Asphaltierung des Landeplatzes war noch im September vorgesehen, um auch im Herbst und Winter einen festen Belag zu haben. Rüdiger Neu verwies auch darauf, dass durch die Stationierung des neuen RTH neue Arbeitsplätze geschaffen wurden. Es wurden zuerst sechs und in der Folge weitere vier Luftraumbeobachter eingestellt, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Diese sind u.a. für die Beobachtung des Luftraumes und die Sicherheit (Bereitstellung von Löschmittel etc.) an der Luftrettungsstation verantwortlich.
Die bereits im Frühjahr 2019 veröffentlichte Stellenanzeige der ADAC Luftrettung
Foto: Screenshot Wittich
Hierbei ist anzumerken, dass es sich hierbei um 450-Euro-Jobs handelt, wie den einschlägigen Anzeigen der ADAC Luftrettung in regionalen Anzeigenblättern zu entnehmen war. Übrigens: Weder MdI RLP noch ADAC Luftrettung wollten Anfragen von rth.info zu Einsatzzahlen des “Christoph 66“ beantworten. Auch dies gehört zu den Ungereimtheiten rund um die Stationierung dieses fünften rheinland-pfälzischen Luftrettungsmittels, das wie alle vier anderen auch vom ADAC betrieben wird.
EXKURS II: Die DRF Luftrettung will weiterhin einen 24-Stunden-ITH einsetzen
Bezugnehmend auf die Stationierung eines Intensivtransporthubschraubers (ITH) in Zweibrücken (rth.info berichtete) teilte die DRF Luftrettung auf Anfrage von rth.info am 5. September mit, dass sie auch weiterhin auf einen kurzfristigen Betriebsbeginn in Zweibrücken vorbereitet sei. Bereits bei ihren ursprünglichen Bedarfsanalysen und Planungen für einen 24-Stunden-ITH am Flughafen Zweibrücken habe die DRF Luftrettung den Betrieb eines Hubschraubers in der Westpfalz, wie dieser jetzt mit ‘Christoph 66‘ zum Einsatz kommt, berücksichtigt. Hinsichtlich eines 24-Stunden-ITH an der Luftrettungsstation „Christoph 53“ in Mannheim gebe es keinerlei konkrete Planungen seitens der DRF Luftrettung. Allerdings steht noch das offizielle Gutachten des Landesbeirates Rettungsdienst Baden-Württemberg aus.
Die DRF Luftrettung hält weiterhin an ihren Plänen fest, am Flughafen Zweibrücken einen 24-Stunden-ITH zu stationieren (hier eine H145 der DRF mit Rettungswinde am Flugplatz Bautzen)
Foto: Jörn Fries
EXKURS III: Anfragen an das WKK, den ADAC, die JLR und das MdI RLP, den Wechsel von der Red Nose zum Gelben Engel betreffend
Beginnen wollen wir mit unserer Anfrage an das WKK, die deren Pressesprecher Dennis Kolter beantwortete.
Jörn Fries: Woher stammen die von Herrn Professor Hofer am 27.08.2019 um 5:03 Uhr veröffentlichten Informationen, dass der “Air Rescue Pfalz“ zum 02.09.2019 den Betrieb einstellen werde?
Dennis Kolter:
Diese Informationen stammen aus einem persönlichen Telefonat, das Prof. Hofer mit der Geschäftsführung der Johanniter-Unfall-Hilfe geführt hat. Das Gespräch wurde nach unserer Kenntnis unter keinerlei Schweigevermerk oder Kommunikationsverbot gestellt. Der Inhalt war unter anderem: Die Johanniter-Unfall-Hilfe zieht die Maschine definitiv am 2. September 2019 zurück.
Fries: War besagte fb-Veröffentlichung mit der Geschäftsführung des WKK und der Geschäftsführung der Johanniter Luftrettung (JLR) abgesprochen?
Kolter:
Die Facebook-Seite der Klinik für AINS1 wurde in redaktioneller Eigenverantwortung von Prof. Hofer als Chefarzt der Anästhesie erstellt.
Fries: Wurde der laut JLR bis zum 30.09.2019 gültige Transport-/Versorgungsauftrag mit dem WKK vorfristig gekündigt? Falls ja, von welcher Seite?
Kolter:
Der Vertrag wurde am 2. September 2019 in einem Telefonat gemeinsam aufgehoben.
Fries: Trifft es zu, dass am Montag, dem 02.09.2019 noch ein (Notfall-)Mediziner des WKK auf dem “Air Rescue Pfalz“ eingesetzt wurde?
Kolter:
Ja, das trifft zu.
Fries: Trifft es zu, dass die Ärztinnen und Ärzte des WKK künftig auf dem “Christoph 66“ Dienst tun werden?
Kolter:
Zurzeit stellt das Westpfalz-Klinikum kein ärztliches Personal auf dem „Christoph 66“.In Aussicht gestellt ist, dass das WKK im Rahmen einer 1/3-Lösung in Zukunft ca. zehn Besetzungen im Monat stellen darf. Grundvoraussetzung ist jedoch eine ADAC-interne Fortbildung der WKK-Ärzte. Diese ist allerdings nicht so schnell möglich, wie wir es wünschen, da uns nur wenige Plätze in den nächsten Fortbildungen angeboten wurden. Bis der erste Arzt des WKK die Flugfreigabe hat, ist von einem Zeithorizont von mindestens zwei bis drei Monaten auszugehen.
Auch der Geschäftsführer der ADAC Luftrettung stand uns Anfang Oktober für ein Interview zur Verfügung:
Frédéric Bruder ist seit 2013 Geschäftsführer der ADAC Luftrettung
Foto: ADAC Luftrettung
Holger Scholl: Wie waren die ersten vier Wochen mit dem RTH „Christoph 66“ in Eßweiler? Können Sie uns Angaben zu dem Verhältnis Primär- und Sekundäreinsätze machen?
Frédéric Bruder:
Wir haben sehr intensive erste Wochen erlebt, seit wir mit der hochmotivierten Crew am 2. September am Flugplatz Eßweiler gestartet sind. Christoph 66 wird sehr rege eingesetzt. Bis heute wurden von unseren Crews 98 Primäreinsätze und 23 Sekundäreinsätze geflogen. Von Seiten aller Beteiligten – sei es von den Leitstellen, den Krankenhäusern, den Hilfsorganisationen und dem Flugplatz vor Ort – ist Christoph 66 sehr positiv aufgenommen worden. Wir freuen uns zusammen mit allen Beteiligten, dass die Versorgung der Bevölkerung in der Westpfalz nun per öffentlich-rechtlichem Vertrag und qualitätsgesichert gewährleistet werden kann. Und natürlich freuen wir uns auch, dass unser Angebot sowohl in preislicher als auch in qualitativer Hinsicht überzeugen konnte.
Scholl: Weshalb haben Sie sich an der Ausschreibung beteiligt? Sie hatten doch vorher keinen Bedarf für einen zusätzlichen Rettungshubschrauber in der Westpfalz gesehen?
Bruder:
Die ADAC Luftrettung hat sich immer dafür ausgesprochen, dass Bedarfe von offizieller Seite aus festgestellt werden müssen. Das Land Rheinland-Pfalz sowie das Saarland gehen also den richtigen Weg, den Bedarf fundiert zu evaluieren und im gesamtrettungsdienstlichen Kontext von unabhängiger Seite aus zu bewerten. Wenn sich unter dem Deckmantel von vermeintlich innerklinischen Patiententransporten nicht-öffentlich-rechtliche Rettungsmittel „subsidiär“ anbieten und dabei den offiziellen Rettungsdienst unterwandern konnten, ist das System zu hinterfragen.Wir haben ganz bewusst an der Ausschreibung teilgenommen, um uns an einer qualitätsgesicherten Implementierung eines neuen Standortes beteiligen zu können. Wir sind überzeugt davon, dass wir dem Land Rheinland-Pfalz als Vertragspartner eine höchstmögliche Qualität und Flugsicherheit bieten können. Die in den letzten Wochen angestellten Vergleiche zwischen unserer H145 und der Maschine der JLR basierten meist auf polemisierenden Aussagen. Wir möchten stattdessen faktenbasiert und transparent bleiben. Zum Beispiel würde es uns interessieren, wie hoch das Aufkommen an Schwerlastpatienten tatsächlich gewesen ist in den letzten Jahren. Unsere H145 wird weltweit im Intensivtransport eingesetzt. Daher sind wir sicher, dass Transporte, die notwendig und medizinisch indiziert sind, von uns auch durchgeführt werden können.
Scholl: Inwieweit konnte die Fraunhofer-Studie zum Multicopter bereits auf Einsatzzahlen des RTH „Christoph 66“ zurückgreifen?
Bruder:
Es handelt es sich um eine Studie des INM und nicht des Fraunhofer-Instituts. Die Einsatzzahlen von Christoph 66 spielen in diesem Projekt keinerlei Rolle. Ebenso besteht kein Zusammenhang zwischen dieser Studie und dem neuen Standort Westpfalz. Das Land Rheinland-Pfalz wurde von uns aufgrund seiner besonderen einsatztaktischen Herausforderungen (z.B. topografische Gegebenheiten) für das Forschungsprojekt ausgewählt.
Scholl: Inwieweit unterstützte Sie das Land Rheinland-Pfalz bei der Gewinnung von realen Einsatzzahlen für die Simulation?
Bruder:
Es besteht kein Zusammenhang zwischen dieser Studie und dem neuen Standort in der Westpfalz.
Scholl: Wann sind die Planungen bzw. Vorbereitungen für die dauerhafte Stationierung des RTH „Christoph 66“ im Rahmen der Interimsvergabe abgeschlossen?
Bruder:
Vertragsgemäß wird dies spätestens zum 14. Oktober der Fall sein. Wir arbeiten mit voller Kraft an den Vorbereitungen. Der um sechs Wochen vorgezogene Start zum 2.September 2019 war ja zunächst gar nicht geplant. Wir hatten das unter größter Anstrengung und großteils auf eigene Kosten möglich gemacht, um die Versorgung der Menschen in der Region nicht abreißen zu lassen. Erst als der Interimsbetrieb in Eßweiler von uns aufgestellt war, wollte auch der bisherige Betreiber vorerst weiterfliegen. Wir haben jedenfalls wenig Zeit, uns zu wundern. Wir müssen uns nun auf die vor uns liegenden Aufgaben fokussieren.
Am 15. September standen bei der ADAC Luftfahrt Technik (ALT) in Sankt Augustin die beiden Anfang des Monats in Eßweiler eingesetzten H145 mit den Kennern D-HYAE und D-HYAF
Foto: Jörn Fries
Ende September steht die H145 mit dem Kenner D-HYAO in Ludwigshafen bereit, um als “Christoph 66“ Dienst in Eßweiler zu tun
Foto: Daniel Schatz
Es folgt ein Interview mit Günther Lohre, dem CEO der Johanniter Luftrettung, das wir ebenfalls Anfang Oktober führten.
Jörn Fries: Wie hoch lagen die Gesamtflugminuten für den ITH “Air Rescue Pfalz“ im Zeitraum 22.10.2018 - 02.09.2019?
Günther Lohre:
In dem von Ihnen genannten Zeitraum flog der “Air Rescue Pfalz“ 744 Flugstunden.
Fries: Können Sie diese nach Primär- und Sekundäreinsätzen aufteilen?
Lohre:
Ja, kann ich gerne. 109 Flugstunden im Interhospitaltransfer standen 620 Flugstunden im primären Bereich gegenüber. Alleine 160 Flugstunden wurden erbracht, um Notfallpatienten ohne Lufttransport vor Ort notärztlich zu versorgen. Diese wurde anschließend mit bodengebundenen Rettungsmitteln in die für sie geeignete Kliniken verbracht. Nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass 14 Flugstunden als Fehleinsätze verbucht werden mussten.
Fries: Wie viele Primär- bzw. Sekundäreinsätze (mit Flugminuten) flog der ITH “Air Rescue Pfalz“ in den vier Kreisen Kaiserslautern-Stadt, Kaiserslautern-Land, Kusel und Donnersbergkreis?
Lohre:
Da uns bis auf die Leitstelle Bad Kreuznach keine weiteren Leitstellen zum Hubschrauberflug genehmigt wurde, fanden fast alle Notfalleinsätze im RDB Kaiserslautern statt. Dieser umfasst die von Ihnen genannten Kreise bzw. die kreisfreie Stadt Kaiserslautern.
Fries: Wie viele Primär- bzw. Sekundäreinsätze (mit Flugminuten) flog der ITH “Air Rescue Pfalz“ außerhalb des in Frage 3 genannten Gebietes? Wir verweisen hier insbesondere auf die Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage aus dem September zur notärztlichen (Unter-)Versorgung u. a. in den Kreisen Kusel und Donnersbergkreis.
Lohre:
Nur ein geringer Teil hatte Einsatzorte außerhalb des Versorgungsgebietes. Unser gemeinsames Ziel mit dem Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern war es ja, die Versorgungssicherheit im Rettungsdienstbereich Kaiserslautern sicherzustellen. Ausgefallene Schichten im bodengebundenen Rettungs- und Notarztdienst sorgen ja auch heute noch für erhebliche Probleme. Da verwundert es schon, dass “Christoph 66“ nun eher als Joker für länderübergreifende Intensivtransporte außerhalb des eigentlichen Versorgungsgebietes eingesetzt wird. Übrigens: Unser “Christoph Gießen“ kommt seit September weniger oft in Rheinland-Pfalz zum Einsatz, was wohl nur zum Teil mit der Ausweitung der Betriebszeiten des Mainzer Dual-Use-RTH “Christoph 77“ in die fliegerische Nacht zu tun hat.
Abschließend wollen wir unserer Leserschaft nicht die Antworten aus der Pressestelle des MdI RLP auf unsere Anfragen vorenthalten: Die Antworten gab uns Sonja Bräuer am 1. Oktober.
Holger Scholl: Wann und wo wurde das Gutachten zur Luftrettung in der Westpfalz veröffentlicht? Welche Schlussfolgerungen haben Sie daraus gezogen?
Sonja Bräuer:
Das Gutachten liegt den Landesregierungen aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland vor. Vor einer Veröffentlichung wird es noch ein gemeinsames Gespräch geben, das noch nicht erfolgt ist. Fest steht aber bereits, wie Sie wissen, dass eine dauerhafte Stationierung erfolgen soll.
Scholl: Wie erklärt sich, dass das Innenministerium die ADAC Luftrettung gGmbH mit dem Sofortvollzug beauftragt hat, obwohl das Ministerium doch keinen Bedarf gesehen hatte?
Bräuer:
Es ist nicht richtig, dass das Ministerium zum Zeitpunkt der Beauftragung des ADAC [rth.info: Das behauptete ja auch niemand!] keinen Bedarf gesehen hat. Siehe PM (2.9.): https://mdi.rlp.de/de/service/pressemitteilungen/detail/news/News/detail/stich-adac-sichert-moderne-luftrettung-fuer-die-westpfalz/?no_cache=1
Scholl: Nachgefragt: Frau Bräuer, wann beginnt offiziell der Probebetrieb, und auf wie lange ist er angesetzt?
Bräuer:
Der Interimsbetrieb startete am 2. September 2019 und endet nach 15 Monaten [sic!].
Scholl: Inwieweit ist das Ministerium des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz in die Versuche mit dem Multicopter eingebunden? Wurde hier logistische Unterstützung durch Einsatzahlen der Leitstellen Mainz und Bad Kreuznach geleistet?
Bräuer:
Dem Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM) in München wurden anonymisierte Daten zur Verfügung gestellt. Das INM ist eine interdisziplinäre klinische Einrichtung im Klinikum der Universität München.
Scholl: Wie ist der aktuelle Stand in Sachen Ausschreibung der permanenten, dann fünften Luftrettungsstation in Rheinland-Pfalz?
Bräuer:
Die Ausschreibung befindet sich in der Vorbereitung.
(K)Ein Fazit
Wir verzichten auf ein Fazit und überlassen es unserer Leserschaft, sich selbst Gedanken zu machen. Allerdings werden wir die weitere Entwicklung rund um den Rettungshubschrauber für die Westpfalz auch weiterhin kritisch-konstruktiv beobachten. Die Menschen in dieser ländlichen Region haben es verdient! Dies gilt auch für den parlamentarischen Prozess um das neue rheinland-pfälzische Rettungsdienstgesetz, das nach dem Willen des Kabinetts bereits zum 1. Januar 2020 in Kraft treten soll und erstmals umfangreiche Regelungen auch zum luftgebundenen Transport von (Notfall-)Patienten umfasst.
Autoren
- Wir danken:
- allen Beteiligten, die uns Rede und Antwort standen