Lebensretter seit 45 Jahren
26.11.2015
Ein kleiner Rückblick: 1968 charterte der ADAC in einem Pilotprojekt einen Hubschrauber, der unter dem Funkrufnamen „Kolibri“ vom Flughafen München aus zu Einsätzen in Südbayern startete. Insgesamt 48-mal brachten die Besatzungen schnelle Hilfe aus der Luft zum Patienten. Nach mehreren erfolgreichen Testphasen startete „Christoph 1“ am 1. November 1970 zum ersten Mal vom Klinikum München Harlaching zu den Einsätzen. Es war die Geburtsstunde der Luftrettung in Deutschland. 1974 wurde die Maschine des Typs BO 105 in die Flotte des Bundesgrenzschutzes aufgenommen. Nachdem sich der Bund jedoch nach und nach aus der zivilen Luftrettung zurückzog, hob „Christoph 1“ ab 1984 unter der Flagge des ADAC ab. Gleichzeitig stellte der ADAC zusammen mit dem Rettungszweckverband München den ersten Rettungshubschrauber des Typs BK 117 in Dienst. 1995 wurde „Christoph 1“ mit einer Rettungswinde für die Patientenbergung aus den Bergen und aus unwegsamem Gelände ausgerüstet. Mit den Jahren war der Hangar aus den Anfangszeiten nicht mehr zeitgemäß und konnte die neuen Sicherheitsbestimmungen nicht mehr erfüllen. Im April 2008 bekam „Christoph 1“ ein modernes Luftrettungszentrum, das sämtlichen Anforderungen entsprach.
Unter dem Funkrufnamen „Kolibri“ startete die gecharterte Maschine in den zwei Testjahren zu Einsätzen in Südbayern
Foto: ADAC
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Zum ersten Mal hob Christoph 1 im November 1970 vom Krankenhaus München-Harlaching zu Rettungseinsätzen ab
Foto: ADAC
Nun erhielt die neue Luftrettungsstation am Klinikum Harlaching den momentan aktuellsten Hubschraubertypen für die Luftrettung, eine H145 von Airbus Helicopters. Sie wurde am 25.11.2015 der Presse vorgestellt. Der moderne Hubschrauber ersetzt die in die Jahre gekommene BK 117, damit setzt die ADAC Luftrettung ihren Flottenwechsel weiter fort. Bis 2018 werden 17 Hubschrauber der neuen Generation die Vorgängermodelle ablösen. Die BK 117 mit der Kennung „D-HMUM“ trat ihren wohlverdienten Ruhestand im Dienste der Deutschen Luftrettung an, einige Maschinen dieses Typs wurden nach Neuseeland verkauft (rth.info berichtete).
Der Festakt fand im Hangar von Christoph 1 statt
Foto: Michael Schaufler
Thomas Burkhardt, Vizepräsident für Technik ADAC e.V., ist sehr stolz auf die neue Maschine.
„Nach 31 Jahren verlässt ein zuverlässiger Hubschrauber die Luftrettung. In die Technik der neuen H145 flossen die positiven Erfahrungen mit der BO 105 und der BK 117, die auf heutigen Stand weiterentwickelt wurden. Zwar gibt es wie überall kleinere Kinderkrankheiten, die selbstverständlich die Sicherheit der Besatzung in keinster Weise gefährden.“
Rede von Frèdèric Bruder, Geschäftsführung ADAC Luftrettung gGmbH
Foto: Michael Schaufler
Unter den Rednern befanden sich unter anderem auch:
- Frèdèric Bruder, Geschäftsführung ADAC Luftrettung gGmbH
- Dr. Christian Ebersberger, Ministerialrat Bayer. Staatsministerium des Innern für Bau und Verkehr
- Roland Dollmeier, amtierender Geschäftsführer Rettungszweckverband München
- Günther Nömer, früherer Geschäftsleiter des Rettungszwecksverbandes München
- Dr. Wolfgang Schoder, CEO Airbus Helicoters Deutschland
- Dr. med. Erwin Stolpe
Gemeinsames Foto vor der neuen Maschine
Foto: Michael Schaufler
Auszeichnung für ein Lebenswerk: 2012 verleiht Ministerpräsident Horst Seehofer das Bundesverdienstkreuz an Dr. med. Erwin Stolpe
Foto: ADAC
Die Maschine erfüllt das Anforderungsprofil von Christoph 1 optimal: Zwei Triebwerke mit je 1083 PS sorgen dafür, dass der Hubschrauber genügend Leistung für Einsätze mit der Rettungswinde im Gebirge aufbringt aber auch weite Strecken für Intensivverlegungen zurücklegen kann.
Windentraining mit der neuen H145 im Gebirge
Foto: ADAC
Eine kleine Übersicht der Neuerungen des Hubschraubertypes H145:
- Größere Kabine im Cockpit sowie im Innenraum
- Glascockpit
- Besserer Zugriff zum Patienten
- Bessere Kommunikationsanlage
- Kollisionswarnsystem
- Neue Platzierung der Trage
- Innenraumbeleuchtung beim Einladen des Patienten
- Drehbare Sitze und ein flexibles Schienensystem
Im Cockpit erkennt man einen der wesentlichen Unterschiede gegenüber dem Vorgängermodell BK117
Foto: Michael Schaufler
Blick in den Innenraum der neuen Maschine
Foto: Michael Schaufler
Thomas Burkhardt beglückwünscht den zukünftigen Ruheständler Dr. med. Stolpe
Foto: Michael Schaufler
Ein weiterer Grund zum Feiern war für viele - mit einem weinenden Auge - die Verabschiedung von Hr. Dr. med. Erwin Stolpe (70). Er war 35 Jahre lang leitender Hubschrauberarzt von „Christoph 1“ und prägte die Entwicklung der Luftrettung maßgeblich über die deutschen Grenzen hinweg. Im Interview lässt er die Zeit Revue passieren.
Auszug eines Interviews mit Dr. Stolpe aus der ADAC Pressemitteilung
Herr Dr. Stolpe, Sie sind 1974 erstmals als Assistenzarzt der Unfalllchirurgie auf „Christoph 1“ geflogen. Können Sie sich noch an die ersten Einsätze erinnern?
Stolpe:
Als wäre es gestern gewesen. In den 70er Jahren nahm ja die Zahl der Fahrzeuge auf den Straßen rapide zu. In gleichem Maßen stiegen auch die Verkehrsunfälle. Es verging kein Tag, an dem wir nicht zu einem schwerverletzten Patienten gerufen wurden.
Die Luftrettung steckte in der Zeit ja noch in den Kinderschuhen. Gab es anfangs Zweifler, die einen Rettungshubschrauber in Frage stellen, oder Stieß die aus der Luft auf schnelle Akzeptanz?
Stolpe:
Sicher bedurfte es einiger Überzeugungsarbeit. Doch schnell war klar, dass viele Patienten durch die Luftrettung überlebt haben. Man muss sich nur vorstellen, dass durch die Luftrettung überlebt haben. Man muss sich nur vorstellen, dass durch die enorme Zunahme des Verkehrs Straßen verstopft waren und wertvolle Minuten beim bodengebundenen Transport verstrichen.
Dennoch setzen Sie sich für effektivere Abläufe bei Huschraubereinsätzen ein. Warum?
Stolpe:
Ich erkannte bald, dass trotz des schnelleren Transports immer noch zu viel Zeit verstrich, ehe der Patient in der Klinik war. Also habe ich versucht, Prozesse in der präklinischen Versorgung zu straffen und damit die Patientenversorgung effektiver zu gestalten. Dies war auch Motivation für die wissenschaftliche Arbeit gemeinsam mit den Kollegen, die mir bis heute eng verbunden sind.
Wie sah die aus?
Stolpe:
Ich engagierte mich in zahlreichen Gremien, darunter im europäischen Dachverband der Luftrettungsorganisationen, wo ich bis heute Mitglied bin. 2005 initiierte ich in Zusammenarbeit mit dem ADAC Technikzentrum Landsberg die luftrettungsgestütze Unfallforschung, um daraus unter anderem Erkenntnisse in der Unfallprävention abzuleiten.
2012 wurden Sie für Lebenswerk mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Was ging in Ihnen vor?
Stolpe:
Es war für mich ein Moment des Innehaltens und Anlass, einschneidende Erlebnisse Revue passieren zu lassen. In mir kam aber auch etwas Wehmut auf. Ich versuchte stets, viel zu bewegen und die Entwicklung in der Luftrettung voranzutreiben. Es war eine spannende und gleichermaßen sehr schöne Zeit.
Mit Welchem Gefühl gehen Sie in den Ruhestand?
Stolpe:
Mit einem sehr guten. Ich werde weiter eine ganze Reihe von Aufgaben wahrnehmen, und auch meine Mitarbeit in den wissenschaftlichen Gremien wird weitergehen. Nur die operative Verantwortung der Station „Christoph 1“ fällt weg. Sprich: Das Abenteuer Luftrettung geht weiter.
Am Krankenhaus Harlaching in München wird bereits seit einigen Tagen die H145 mit der Kennung „D-HYAC“ eingesetzt (rth.info berichtete)
Foto: ADAC
Als Dankeschön für die jahrelange gute Arbeit bekam Hr. Dr. med Stolpe ein Modell des Typs EC 135 mit dem Namen „Christoph Erwin“ und der Kennung „D-STOLPE“. Alle Redner bedankten sich für die gute und manchmal anstrengende Arbeit mit Hr. Dr. med. Stolpe.
Geschenk an den langjährigen leitenden Stationsarzt Dr. med. Stolpe
Foto: Marcel Kreß
Das Team von rth.info wünscht Herrn Dr. med Stolpe ebenfalls einen angenehmen Ruhestand und der aktiven Crew viel Freude und erfolgreiche Einsätze mit dem neuen Hubschrauber.
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- ADAC Pressemitteilung
- Wir danken:
- Marcel Kreß