Streit um Notärzte in Magdeburg
31.12.2006
Magdeburg (SAH) ::
Wie die Magdeburger "Volksstimme" in ihrer Ausgabe vom 28.12.2006 schrieb, ist um die Luftrettung im nördlichen Sachsen-Anhalt ein Streit entbrannt. Es geht darum, wer ab dem 01.01.2007 die Notärzte für den am Städtischen Klinikum Magdeburg stationierten Rettungshubschrauber "Christoph 36" stellt. Bisher wurden diese durch das Klinikum im Magdeburger Stadtteil Olvenstedt gestellt. Sie haben noch einen gültigen Vertrag bis Ende 2008 für diese Aufgabe, der vom Land Sachsen-Anhalt und der Stadt Magdeburg unterzeichnet ist. Nach dem neuen Rettungsdienstgesetz ist aber nun die Kassenärztliche Vereinigung ab den 01.01.2007 für die Sicherstellung der Luftrettung zuständig und will nun die Gestellung der Notärzte dem Universitätsklinikum übertragen, der Standort des Rettungshubschraubers am Walter-Friedrich-Krankenhaus in Olvenstedt soll jedoch beibehalten werden.
15 Mediziner des Städtischen Klinikums reagierten mit Unverständnis auf diese Entscheidung und wandten sich mit einen offenen Brief an den Landtag, die Landesregierung, die Stadt Magdeburg, die Ärztekammer, an Krankenkassen und die Volksstimme. Darin heißt es:
"Mit Unverständnis und großer Sorge haben wir am 22. Dezember erfahren müssen, dass die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt beabsichtigt, die Gestellung der Notärzte für den Rettungshubschrauber zum 1. Januar 2007 dem Städtischen Klinikum zu entziehen. Wir müssen betonen, dass die Entscheidung der KV zu erheblichen Nachteilen für die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Luftrettung und ebenso für den Betrieb des Städtischen Klinikums führt. Die Fremdbesetzung des Rettungshubschraubers führe zudem zu erheblichen zusätzlichen Kosten."
Im weiteren Verlauf eines Interviews sagte Christian Helmecke, Leitender Arzt für die Luftrettung am Klinikum, gegenüber der Volksstimme:
"In den vergangenen zehn Jahren hat das Städtische Klinikum in enger Zusammenarbeit mit dem Sozialministerium einen Hangar aufgebaut und umfangreiche Aktivitäten unternommen, um die Zusammenarbeit mit den Landkreisen und Rettungsdienstbereichen sowie Krankenhäusern zu verbessern. Die Einsätze von Christoph 36 hätten sich von 532 im Jahre 1997 auf mehr als 1000 in diesem Jahr verdoppelt. Die Teams aus Pilot, Notarzt und Rettungsassistent sind eingespielt, auch in schwierigen Situationen ist schnelles und sicheres Handeln gewährleistet, das sei nun in Gefahr."
Der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung, Burkhard John, bestätigte die Übertragung der Luftrettung an Ärzte des Uniklinikums zum 1. Januar 2007.
"Wir haben uns ausschließlich von finanziellen Belangen leiten lassen. Das Uniklinikum habe in der Ausschreibung ein kostengünstigeres Angebot gemacht. Das habe die KV angenommen, weil sie dazu nach dem Rettungsdienstgesetz verpflichtet sei. Das später eingegangene zweite und zugleich niedrigere Angebot durch das Städtische Klinikum habe Zweifel aufkommen lassen, ob damit die Qualität der Luftrettung überhaupt gewährleistet werden könne."
Dass es eine Ausschreibung durch die KV gab, wird vom stellvertretenden Betriebsleiter des Klinikums, Horst von Kracht in einem weiteren Artikel der "Volkstimme" vom 29.12.2006 dementiert.
"Die Vergabe der Leistungen durch die KV erfolgte nicht durch eine Ausschreibung, sondern durch eine reine Preisabfrage. Leistungs- und Qualitätsanforderungen, Vergabekriterien, die zu einer Ausschreibung gehören, waren nicht Bestandteil der Anfrage. Auch seien weder Abgabe- noch Vergabetermine genannt worden.
Die Zweifel der KV an der gesicherten Qualität erscheinen, nach mehr als zehn Jahren nachgewiesener erfolgreicher Arbeit der Hubschrauber-Notärzte, wenig gerechtfertigt."
Unterstützung erhält das Städtische Klinikum von der Sozialbeigeordneten der Stadt Magdeburg, Beate Bröcker. Sie wird mit den Worten zitiert:
"Wir bestehen auf der Einhaltung des Vertrages mit dem Land, der den Einsatz der Notärzte des Städtischen Klinikums bis 2008 zum Inhalt hat."
Die Gesundheitsministerin des Landes Sachsen-Anhalt Gerlinde Kuppe dagegen steht nicht mehr zu diesem Vertrag.
"Wir sind bereits mit der Stadt Magdeburg im Gespräch. Es muss Konsequenzen für den Vertrag geben."
In dem neuen Rettungsdienstgesetz des Landes sind Übergangsregelungen festgeschrieben, die nach Meinung des Städtischen Klinikums auf den bestehenden Vertrag anzuwenden sind.
Nach Recherchen der Magdeburger "Volksstimme" geht es um einen Differenzbetrag von 6.000 Euro. Das Universitätsklinikum berechnet 96.000 Euro für die Bereitstellung der Notärzte. Das erste Angebot des Städtischen Klinikum lag zunächst darüber, wurde aber später in einem Zweiten nach unten auf 90.000 Euro korrigiert.
Die Indienststellung von "Christoph 36" war am 01.07.1992 in der Landeshauptstadt Magdeburg. Hubschrauber und Piloten wurden bis April 2006 durch das BMI gestellt. Am 21. April 2006 fand der Betreiberwechsel statt und die Deutsche Rettungsflugwacht übernahm das Luftrettungszentrum und stellte eine neue EC 135 bereit.
- Anzeige -
Nachrichten zu diesem Thema im Archiv
- 31.12.2006 Streit um Notärzte in Magdeburg
- 04.01.2007 Streit um Notarztbesetzung endet vor Gericht
Autor
- Quelle(n):
- Magdeburger "Volksstimme" vom 28. und 29.12.2006