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Überlastete Intensivstationen: Erstmals Verlegungen nach dem “Kleeblatt-Prinzip“

25.11.2021

Berlin (BLN) ::  Erstmals seien in der derzeitigen, vierten Corona-Welle Patienten aufgrund überlasteter Intensivstationen nach dem sogenannten “Kleeblatt-Prinzip“ in andere Teile der Republik verlegt worden, berichten die “Tagesschau“ und das “Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND). Weil sehr viele Intensivstationen in Ost- und Süddeutschland überlastet seien, werde das 2020 entwicklte Konzept des Bundesinnenministeriums nun in die Praxis umgesetzt. Die bundesweite, strategische Verlegung der Patienten dient dem Zweck, dass die Triage vermieden werden kann, wenn in den am Schlimmsten betroffenen Regionen keine Intensivbetten mehr verfügbar sind. Das “Kleeblatt“ weist dabei die einzelnen Bundesländer zu einer von fünf Regionen zu – Nord, Ost, Süd, West und Mitte. Die Verlegung zwischen den Regionen fußt auf der Annahme, dass nicht jede Kleeblatt-Region in einer Pandemie-Welle gleich stark betroffen ist. Es gibt jedoch eine Koordinierung der Verlegungen im Austausch mit dem Gemeinsamen Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern (GMLZ) beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), die auch zum Ziel hat, dass die aufnehmenden Regionen nicht ihrerseits überlastet werden.

Bei den “Kleeblatt-Verlegungen“ geht es nicht um Aufwärtsverlegungen, also Interhospitaltransfers zum Zweck einer Therapieausweitung. Ebenso zählen darunter nicht die bereits vielfach erfolgten Verlegungen innerhalb einer Kleeblatt-Region oder ohne die Nutzung der dafür vereinbarten Koordinationsstruktur der Kleeblattregionen.

ITH und ITW

Die Luftrettung spielt mit ihren Intensivtransporthubschraubern (ITH), die teilweise extra wegen der Covid-19-Pandemie zusätzlich in Betrieb genommen wurden, eine wichtige Rolle bei der Verlegung der Intensivpatienten. Diese sind in aller Regel invasiv beatmet und bedürfen einer aufwändigen unterbrechungsfreien Therapie. Neben den ITH kommen auch Intensivtransportwagen (ITW) zum Einsatz. Diese ähneln äußerlich den früher üblichen Notarztwagen (NAW) der Primärrettung, bieten also einen großen Behandlungsraum und Platz für die Medizintechnik, werden aber spezifisch für Interhospitaltransfers vorgehalten, ausgestattet und besetzt.

Beteiligung der Bundeswehr

Neben den ITH und ITW (sowie anderen geeigneten regulären Rettungsdienstfahrzeugen) können, so die Medienberichte, auch Flugzeuge und Rettungshubschrauber der Bundeswehr zum Einsatz kommen, um die Kleeblatt-Verlegungen durchzuführen. Ob dies heute bereits der Fall war, ging aus den Artikeln nicht eindeutig hervor. Es ist aber den Presseberichten zufolge für morgen (Freitag) der Einsatz mindestens eines Flugzeugs in Vorbereitung. Mit den “Rettungshubschraubern“ der Bundeswehr dürften die SAR-Hubschrauber gemeint sein. Über deren Einsatz im Zuge des Kleeblatt-Konzepts liegen rth.info aber bislang keine Erkenntnisse vor.

Ein zusätzlicher Hubschrauber, Christoph 115, steht in Nürnberg bereit um den überlasteten Kliniken im Süden Deutschlands durch die vierte Corona-Welle zu helfen – rth.info berichtete dazu diese Woche bereits separat

Ein zusätzlicher Hubschrauber, Christoph 115, steht in Nürnberg bereit um den überlasteten Kliniken im Süden Deutschlands durch die vierte Corona-Welle zu helfen – rth.info berichtete dazu diese Woche bereits separat

Foto: Wilfried Wagner

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RKI zitiert Empfehlungen vom Institut für Rettungs- und Notfallmedizin

Das RKI und die DIVI verweisen auf einen Kriterienkatalog des Instituts für Rettungs- und Notfallmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. Dieser soll helfen zu entscheiden, welche Patienten am Sionnvollsten strategisch verlegt werden könnten (siehe Sxcreenshot).

Kriterienkatalog für strategische Verlegungen nach dem Kleeblatt-Prinzip, herausgegeben vom Institut für Rettungs- und Notfallmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein

Kriterienkatalog für strategische Verlegungen nach dem Kleeblatt-Prinzip, herausgegeben vom Institut für Rettungs- und Notfallmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein

Foto: Screenshot von rki.de

Hilfe des BBK bei Vermittlung von ITH als "Engpassressource"

Das BBK hatte am 17.11. per Pressemitteilung den Bundesländern seine Hilfe explizit angeboten und dabei ITH erwähnt:

"Das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern (GMLZ) im BBK unterstützt bei der bundesweiten Verlegung von Intensivpatienten über die Grenzen der Kleeblattbereiche hinaus. Auf Anfrage vermittelt das Lagezentrum Intensivtransporthubschrauber, Ambulanzflugzeuge und MedEvak-Flugzeuge. Das System hat sich etabliert und ist bereits im vergangenen Winter zum Einsatz gekommen."

Erst im September, angesichts der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, hatte rth.info über dieses Angebot des BBK berichtet – im Kontext der Vermittlung von Hubschraubern mit besonderen Fähigkeiten.

An den Ursachen des derzeitigen Notstandes – die Personalnot in den Kliniken auch aufgrund der dauerhaften Überlastung, und gleichzeitig pandemiebedingt immer mehr intensivpflichtige Patienten – ändert freilich auch das Kleeblatt nichts. Es kann lediglich dazu beitragen, punktuell Lastspitzen abzumildern.

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Wir vom Nachrichtenmagazin rth.info berichten ehrenamtlich über Rettungshubschrauber, also notfallmedizinisch ausgerüstete und besetzte Helikopter, die im Rettungsdienst eingesetzt werden. Hubschrauber sind wertvoll als Rettungsmittel, da sie schnell, wendig und unabhängig vom Straßennetz sind. Ebenso dienen sie zum eiligen Transfer von Intensivpatienten zwischen Kliniken.

Für die Luftrettung besteht ein dichtes Standortnetz – sowohl von Rettungshubschraubern, als auch von Intensivtransport-Hubschraubern für den Interhospitaltransfer (siehe unsere Standortkarte). Die Standorte werden von staatlichen und nichtstaatlichen Betreibern unterhalten. Die ADAC Luftrettung stellt die meisten zivilen Rettungshubschrauber in Deutschland. Die DRF Luftrettung betreibt auch besonders viele Luftrettungszentren in Deutschland. Ihr Vorgänger war die Deutsche Rettungsflugwacht e.V. – bis zum Wechsel von Name und Rechtsform (2008). Weitere wichtige Betreiber, darunter das Bundesministerium des Innern mit seinen Zivilschutzhubschraubern, stellen wir hier vor.

Hubschrauber ergänzen den Rettungsdienst am Boden in medizinischen Notlagen. Sie sollen nicht den Bodenrettungsdienst ersetzen, da Rettungshubschrauber nicht allwetterfähig sind. Luftretter unterscheiden mehrere Einsatzarten. Die wichtigsten sind primäre Notfalleinsätze an einem Einsatzort und sekundäre Patiententransporte von einer Klinik zur anderen. In der Luftrettung kommt komplexe notfallmedizinische Technik zum Einsatz, die u.a. Anaesthesie, Chirurgie, Innere Medizin und Pädiatrie abdeckt.

"Helicopter Emergency Medical Services", kurz HEMS, ist die englische Bezeichnung für Luftrettungsdienst. Der Assistent des Notarztes wird daher als HEMS TC bzw. HEMS Crew Member bezeichnet. Zahlreiche Piloten verdienen in der Luftrettung ihren Lebensunterhalt – für viele Fans ein Traumberuf. Die Betreiber setzen viele Flugstunden und Erfahrung voraus.

Der aktuell bedeutsamste europäische Hubschrauberhersteller ist Airbus Helicopters mit seinen Baumustern H135, H145, und weiteren. Der US-amerikanische Hubschrauberhersteller Bell hat mit den Baumustern Bell 212, Bell 222, Bell 412, die Luftrettung mit geprägt, aber seit ca. 2010 Marktanteile an Airbus Helicopters verloren. Beschreibungen weiterer Hubschrauber-Hersteller finden Sie in unseren Typentexten.

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