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Christoph 41: Verbleib weiterhin unklar, Petition wirbt für Leonberg

30.08.2021

Leonberg (BWÜ) ::  In den vergangenen Wochen ist in verschiedenen Presseartikeln der Medienlandschaft rund um Stuttgart wiederholt der Leonberger Rettungshubschrauber “Christoph 41“ thematisiert worden, der Ende Juli sein 35-jähriges Bestehen feierte. Es ging dabei immer wieder um die noch unbeantwortete Frage der zukünftigen Dislozierung. Die “Leonberger Kreiszeitung“ bezeichnete es gar als ein “Damoklesschwert“, dass der Rettungshubschrauber in Richtung Tübingen / Reutlingen weg verlegt werden könnte, weil das Luftrettungs-Strukturgutachten für das Land dies so vorschlägt (rth.info berichtete dazu mehrfach, siehe dazu die Chronologie zu diesem Artikel).

Vertreter von mehreren Blaulichtorganisationen aus Leonberg und Umgebung haben eine Petition bei Openpetition eingestellt, in der sie den Verbleib in Leonberg fordern. Denselben Weg hatten andere Petenten bereits zuvor in Friedrichshafen gewählt, um den Verbleib von “Christoph 45“ am Standort Friedrichshafen zu fordern. Für die Petition hat die Plattform openpetition ein Quorum von 21.000 Unterzeichnern aus Baden-Württemberg als Relevanzschwelle definiert; davon ist (seit dem Beginn der Petition am 7.6.2021) Stand heute etwa 33% erreicht. Rechtlich hat dieses Quorum keine Bedeutung.

Die Petenten begründen ihre Forderung, “Christoph 41“ in Leonberg zu belassen, mit folgenden Kernargumenten:

  • hohes Verkehrs- und Einsatzaufkommen im Ballungsraum Stuttgart (Anm. d. Red.: wurde nicht quantifiziert, dürfte aber beides unstrittig sein; dem gegenüber stehen weite Wege in ländlichen Regionen und deutlich geringere Redundanz bei der Vorhaltung von Rettungsmitteln in der Fläche)
  • Einführung eines Voralarms im Gutachten nicht berücksichtigt, der jedoch die Ausrücke- und somit die Eintreffzeiten des Hubschraubers verbessern könne
  • Akzeptanz des bestehenden Standortes in der Bevölkerung
  • Der nahegelegene “Christoph 51“ stelle keine hinreichende Redundanz dar, weil er viele Einsätze fliege und den Fokus auf Intensivtransporte habe (Anm. d. Red.: wurde nicht quantifiziert)
  • Verbleib vermeide die Verschwendung von Steuergeldern für einen Neubau, da die Station auf einem modernen Stand sei (Anm. d. Red.: Ob ein Neubau tatsächlich aus Steuergeldern oder anderweitig finanziert würde, ist aktuell noch ebenso unklar wie die Höhe der Investition. Fakt ist jedoch, dass in Leonberg die Station erst kürzlich modernisiert wurde, und Kosten für einen Neubau direkt oder indirekt aus Mitteln des Gesundheitssystem oder Steuergeld zu finanzieren wären.)

In den vergangenen Jahren war in Baden-Württemberg immer wieder das Einhalten der rettungsdienstlichen Hilfsfrist ein Problem, das auch in den Medien oft thematisiert wurde. Das Land hat Missstände eingeräumt und im Februar eine “Neustrukturierung des Rettungsdienstplanes“ vermeldet, welche zu einer Verbesserung der Notfallrettung führen soll (siehe Weblink). Im gleichen Zuge lehnte das Land jedoch eine separate Hilfsfrist für notarztbesetzte Rettungsmittel ab (Einer gesonderten notärztlichen Hilfsfrist – die es ohnehin bundesweit nur in zwei von 16 Ländern gibt – bedarf es damit aus Sicht des Landes nicht mehr.). In Anbetracht solcher Umstände ist es keineswegs verwunderlich, dass jede Umstrukturierung der Luftrettung – als rettungsdienstliche Komponente von herausragender Bedeutung – sehr kritisch hinterfragt wird. Angesichts des Widerstandes an unterschiedlichen Orten gegen die Verlegung “ihres“ Rettungshubschraubers an einen anderen Ort erscheint es sehr wichtig, vor der politischen Beschlussfassung dafür zu sorgen, dass

  • vorliegende Argumente eingehend geprüft
  • und ländliche Räume bei der Versorgung durch Luftrettungsmittel nicht in Konkurrenz zu anderen Gegenden gesetzt werden.

Die Rettung von Menschenleben darf schließlich nicht am einen ländlichen Ort gegen solche in anderen Regionen abgewogen werden. Insbesondere die Quantifizierung der vorgebrachten Argumente dürfte noch ein heißes Eisen werden. Und es wird spannend, ob und wie in der Entscheidungsfindung und -begründung seitens des Landes für Transparenz gesorgt wird.

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Für die Luftrettung besteht ein dichtes Standortnetz – sowohl von Rettungshubschraubern, als auch von Intensivtransport-Hubschraubern für den Interhospitaltransfer (siehe unsere Standortkarte). Die Standorte werden von staatlichen und nichtstaatlichen Betreibern unterhalten. Die ADAC Luftrettung stellt die meisten zivilen Rettungshubschrauber in Deutschland. Die DRF Luftrettung betreibt auch besonders viele Luftrettungszentren in Deutschland. Ihr Vorgänger war die Deutsche Rettungsflugwacht e.V. – bis zum Wechsel von Name und Rechtsform (2008). Weitere wichtige Betreiber, darunter das Bundesministerium des Innern mit seinen Zivilschutzhubschraubern, stellen wir hier vor.

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