Frédéric Bruder: “Von Mitte März bis Mitte Mai hatten wir rund 350 ‘Corona-Einsätze‘“
12.07.2020
Bonn (NRW) :: Frédéric Bruder, seit September 2012 Geschäftsführer der ADAC Luftrettung, hat dem in der Bundesstadt Bonn ansässigen “Behörden Spiegel“ kürzlich ein Interview gegeben. Es wurde am Donnerstag (09.07.2020) veröffentlicht. Auf die enormen Anstrengungen im Kampf gegen das Coronavirus angesprochen, sagte Bruder, dass es “[w]egen Corona-Infektionen [...] noch zu keinen Einschränkungen der Einsatzbereitschaft gekommen [sei].” Das Virus stelle die Verantwortlichen weiterhin vor große Herausforderungen, es sei jedoch gelungen, die notfallmedizinische Versorgung der Bürger in Deutschland durch Leistungen der Luftrettung uneingeschränkt aufrechtzuerhalten.
Frédéric Bruder, seit September 2012 Geschäftsführer der ADAC Luftrettung, gab dem “Behörden Spiegel“ ein Interview
Foto: ADAC
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Bruder gegenüber dem “Behörden Spiegel“: “In der Virus-Hochzeit von Mitte März bis Mitte Mai hatten wir rund 350 ‘Corona-Einsätze‘ mit gesichertem Befund oder Verdachtsfall.” In rund 35 Fällen habe man Patienten von Klinik zu Klinik verlegt. “Die Hälfte dieser Spezialtransporte verbuchte ‘Christoph 112‘, der [laut ADAC Luftrettung] erste bundesweit alarmierbare Rettungshubschrauber, den wir mitten in der Krise innerhalb von nur wenigen Tagen in Ludwigshafen bereitgestellt haben”, so Bruder weiter. Zwar habe man während der Hochzeit der Pandemie rückläufige Einsatzzahlen zu verzeichnen gehabt, allerdings seien diese wesentlich zeitaufwändiger und auch anspruchsvoller gewesen.
Die ADAC Luftrettung habe ihre Stationen bestens auf die Situation vorbereitet. So habe man ein Schulungsvideo gedreht (siehe externe Links im Kontextbereich dieser News) und dieses an alle ADAC-Luftrettungsstationen verschickt. Des Weiteren habe die ADAC Luftrettung auf Bitten der Innenministerien von Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz deren Polizeihubschrauberstaffeln zu den besonderen Hygienemaßnahmen bei Infektionstransporten geschult, so Bruder gegenüber dem “Behörden Spiegel“.
Kein gutes Haar ließ Bruder an den speziellen Isolationskammern, die die namentlich nicht genannten Mitbewerber teils schon lange vor, teils erst während der Akutphase der Covid-19-Pandemie angeschafft hatten. “Wir haben sie real getestet und damit umfangreiche Übungen gemacht und uns nach eingehender Prüfung vor allem mit Blick auf die Patientensicherheit sowie die Anwendbarkeit im Luftrettungsdienst gegen sie ausgesprochen.”
Verschlechtere sich der Zustand des Patienten während des Fluges, sei die Behandlung innerhalb der Isolationskammer nur sehr eingeschränkt möglich und bringe erhebliche Nachteile mit sich. Selbst in größeren Hubschraubern sei es zu eng, um den Patienten durch die vorhandenen Öffnungen von allen Seiten aus zu behandeln. “Bei schweren Komplikationen wie einer Reanimation muss der Hubschrauber sofort landen, um die Box auszuladen.” Bruder bemängelte zudem, dass es auch keinen Zeitvorteil gegenüber konventionellen Transporten auf dem Luftweg gebe. Wie die ADAC Luftrettung Covid-19-Patienten transportierte, das verriet Bruder in dem Interview indes nicht.
rth.info hat die Kritik Bruders an den umgangssprachlich auch “Schneewittchensärgen“ genannten EpiShuttles zum Anlass genommen, um alle Luftrettungsbetreiber in Deutschland sowie ausgewählte Betreiber in Luxemburg, in Italien, in Österreich und in der Schweiz nach ihren Erfahrungen und Strategien im Umgang mit der Covid-19-Pandemie zu befragen. Die Ergebnisse werden wir Ihnen voraussichtlich in zwei Wochen präsentieren können.
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- Quelle(n):
- Artikel “Deutlich höhere Ausgaben“, erschienen am Donnerstag, dem 9. Juli 2020, auf www.behoerden-spiegel.de