Multikopter im Rettungsdienst: ADAC Stiftung fördert Machbarkeitsstudie (ergänzt)
05.12.2018
Wichtige Ergänzung vom 6.12.18
In der ersten Fassung dieses Artikels hatten wir berichtet, dass auf den Piloten verzichtet werde. Das ist nicht korrekt. Zwar will der Hersteller des Multikopters diesen auch zum autonomen Fliegen nutzen – Volocopter spricht von einem "autonomen Lufttaxi-Testbetrieb" und dem Einsatz als "Lastdrohne". Doch Gegenstand der hier genannten Studie ist ein Betrieb mit Pilot. Wir haben betreffende die Artikelpassage dahingehend geändert.
München (BAY) :: Eine Pressemitteilung, welche die ADAC Luftrettung gGmbH am 29. November ausgesendet hat, erfuhr zwischenzeitlich in den Medien bundesweit große Aufmerksamkeit: Die ADAC Stiftung fördert eine Studie zur Machbarkeit des Einsatzes von bemannten Multikoptern in der Luftrettung – zunächst in der Computersimulation. Die Multikopter könnten, so die zugrundeliegende Idee, Notärzte zügig auf dem Luftweg zu Patienten bringen, wären jedoch deutlich kompakter als herkömmliche Rettungshubschrauber. Eine Transportmöglichkeit für Patienten erlauben die Ausmaße des Fluggerätes nicht. Den Ablauf der Studie skizziert die Pressemitteilung wie folgt:
“[Für die Studie] wurden in Deutschland zwei Modellregionen ausgewählt: der Rettungsdienstbereich Ansbach mit Luftrettungsstandort Dinkelsbühl in Bayern und das Land Rheinland-Pfalz. Für beide Regionen simuliert das Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement der Ludwig-Maximilians-Universität München (INM) ab Frühjahr 2019 Luftrettungseinsätze mit Volocoptern am Computer. Volocopter der gleichnamigen Firma aus Bruchsal sind neuartige senkrechtstartende Fluggeräte, die auf Drohnentechnologie basieren und elektrisch angetrieben werden. Im Rahmen des Pilotprojektes werden sie eigens für den Rettungsdienst weiterentwickelt und als Notarztzubringer eingesetzt. Ziel: den Arzt schneller als im Notarzteinsatzfahrzeug zu Patienten bringen und so die Versorgung verbessern. Bereits in den kommenden Monaten soll es erste Forschungsflüge geben. Erste Ergebnisse der Studie über das Einsatzpotential und die Wirtschaftlichkeit dieser Fluggeräte im Rettungsdienst sind für Herbst/Winter 2019 geplant.“
Kleine Hubschrauber, die Notärzte zum Einsatzort bringen, ohne gleichzeitig Transportkapazitäten für Patienten zu bieten, gibt es in Deutschland bereits seit den 1990er Jahren, und zwar unter der Bezeichnung Notarzteinsatzhubschrauber – kurz NEH. Diese konnten sich jedoch nicht durchsetzen. Sie wurden aufgrund ihrer begrenzten Zuladung und andere Faktoren immer wieder dafür kritisiert, kein echtes Äquivalent zum Rettungshubschrauber (RTH) oder Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) darzustellen. NEH waren kurzzeitig an verschiedenen Orten stationiert, aber der einzige dauerhaft bereitgestellte NEH ist in Mecklenburg-Vorpommern disloziert. Eingesetzt wird eine Robinson R 44, also ein normal mit Pilot besetzter, einmotoriger Helikoptertyp mit Kolbenmotor.
In dem vorliegenden Fall ist der Ansatz noch extremer. Viel mehr als den Transport einer entsprechend qualifizierten Fachkraft wird die Zuladung nicht hergeben (MTOM 450kg, max. payload 160kg). Auch die Geschwindigkeit und Reichweite bleibt hinter Hubschraubern weit zurück (70 km/h Reisegeschwindigkeit, 100 km/h vmax, Reichweite bei MTOW ca. 27km). Eine Alternative zur herkömmlichen Luftrettung, das kann man schnell erkennen, wird also explizit nicht gesucht, sondern der Vergleich zum NEF.
Unter solchen Aspekten darf mit Spannung erwartet werden, welche Ergebnisse die Studie aufzeigt, und wie ernsthaft die Überführung aus der Theorie in die Praxis weiter vorangetrieben wird. Für die Ermittlung der Machbarkeit könnte die Studie wirtschaftliche und einsatztaktische Aspekte nicht nur für sich genommen bewerten, sondern auch zueinander ins Verhältnis setzen. Das Ergebnis einer solchen Abwägung wäre ethisch interessant, gerade mit Blick auf den Kostendruck im Gesundheitswesen.
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Fotomontage
Foto: ADAC Luftrettung / Volocopter
Nachrichten zu diesem Thema im Archiv
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