Westpfalz: 1-jähriger RTH-Probebetrieb im Gespräch
20.09.2014
Kaiserslautern (RPF) :: Überraschende Wende im Streit zwischen der Bürgerinitiative (BI) “Christoph Kaiser“ aus dem pfälzischen Rockenhausen und dem zuständigen Innenministerium in Mainz, die Stationierung eines weiteren, nach Koblenz, Ludwigshafen, Mainz und Wittlich dann fünften rheinland-pfälzischen Rettungshubschraubers (RTH) in der Westpfalz betreffend.
Andreas Hitzges, Referatsleiter Rettungsdienst im Ministerium für Inneres, Sport und Infrastruktur (ISIM) wolle laut Südwestrundfunk (SWR), Studio Kaiserslautern nun doch prüfen, ob es einen probeweisen RTH-Betrieb am Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern geben kann. Dies hatte das ISIM bislang strikt abgelehnt (rth.info berichtete).
Allerdings müsse, so Hitzges, die Bürgerinitiative zunächst belegen, dass der Hubschrauber in der Westpfalz gebraucht werde. Sollte dies der Fall sein, werde das Ministerium mit den Krankenkassen als zuständige Kostenträger sprechen, denn diese müssten schließlich einen möglichen Probebetrieb finanzieren. Der RTH wäre dann probeweise ein Jahr in Kaiserslautern stationiert, heißt es auf der Internetseite des SWR.
In der Westpfalz freut man sich über den offensichtlichen Sinneswandel im Ministerium. “Ich finde, dass man jetzt über einen Probebetrieb nachdenkt, ist ganz wichtig. Die Landesregierung hat ja die medizinische Versorgung der ländlichen Bevölkerung zu einem wichtigen Thema gemacht. Den Probebetrieb muss man auch aus dieser Perspektive sehen“, sagte Christian Madler vom Westpfalz-Klinikum dem SWR.
Auf ein Wort
Auf den ersten Blick hört sich das Mainzer Angebot für die Menschen in der Westpfalz recht verlockend an. Doch auf den zweiten Blick offenbaren sich Hindernisse, die die BI “Christoph Kaiser“ wohl kaum überwinden kann.
Denn wie will sie den Beweis erbringen, dass es tatsächlich einen Bedarf für einen weiteren RTH gibt? Die Einsatzdaten der zuständigen Integrierte(n) Leitstelle(n) dürften nicht so ohne weiteres an Dritte herausgegeben werden, und auch der Finanzierungsvorbehalt seitens der Kostenträger (d. s. die Krankenkassen) ist kein leicht zu überwindendes Hindernis. Des Weiteren ist der vor einigen Jahren auf dem Dach des Westpfalz-Klinikums errichtete Dachlandeplatz nicht geeignet, um dort einen Rettungshubschrauber fest zu stationieren. Es fehlen nicht nur ein Hangar und die für das Personal notwendigen Sozialräume, sondern auch eine Tankanlage.
Und warum sollte ausgerechnet in der Westpfalz ein RTH im 24-Stunden-Betrieb stationiert werden, wo es doch bislang weder in Rheinland-Pfalz, noch in den beiden angrenzenden Bundesländern Saarland und Baden-Württemberg einen solchen, zumal kostenintensiven Standort gibt? Dieser würde sich aus geostrategischen Gründen eher in der Rhein-Neckar-Region anbieten – und entsprechende Gespräche mit allen Beteiligten finden bereits seit Längerem statt.
Denkbar wäre allerdings, den in Saarbrücken stationierten “Christoph 16“ nach Homburg/Saar an das dortige Universitätsklinikum zu verlegen. Damit wären weite Teile der Westpfalz im unmittelbaren Einzugsgebiet des saarländischen RTHs, der zurzeit nur einen Halbkreis abdeckt, da er in Frankreich nicht eingesetzt wird. Aber dies wäre eine (Sach-)Entscheidung, die weiteren politischen Sprengstoff birgt, wurde das Luftrettungszentrum auf dem Saarbrücker Winterberg doch erst kürzlich für viele Millionen erneuert. Allerdings sollte es keine Denkverbote geben, wenn es um die Menschenrettung geht.
Die BI “Christoph Kaiser“ und ihre Unterstützer, seien es die rund 10.000 Bürgerinnen und Bürger in der Westpfalz, die mit ihrer Unterschrift ihr Votum pro RTH ausgedrückt haben, seien es die Verantwortlichen am Westpfalz-Klinikum und bei interessierten Luftrettungsbetreibern, sollten allerdings mit Augenmaß ihre berechtigten Wünsche nach einer besseren präklinischen Notfallversorgung äußern - und nicht mit unerfüllbaren Maximalforderungen sich selbst um alle Chancen bringen.
Denn: Rettungshubschrauber wie Intensivtransporthubschrauber (ITH) haben im Rettungswesen eine ergänzende Funktion, keine ersetzende. Im Gegensatz zu den bodengebundenen Rettungsmitteln wie Rettungswagen oder Notarzteinsatzfahrzeug können RTH/ITH nicht bei jedem Wetter fliegen und auch nicht jeden Ort unmittelbar erreichen. Und in der Nacht beträgt die Vorlaufzeit nicht zwei bis drei Minuten wie am Tage, sondern bis zu 30 Minuten, was den Zeitvorteil des RTH wieder zunichtemacht.
All dies gilt es zu beachten, wenn man nach einem eigenen RTH für die Westpfalz ruft.
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Die geplante probeweise Stationierung eines RTH in der Westpfalz würde zu zahlreichen Überlappungen mit anderen, bereits existierenden RTH-Stationen führen
Foto: Werner Wolfsfellner MedizinVerlag München
Als möglicher Stationierungsort ins Gespräch gebracht wird der erst vor wenigen Jahren errichtete Dachlandeplatz am Westpfalz-Klinikum in Kaiserslautern
Foto: Jörn Fries
Primär zuständig für die Westpfalz: der an der BG Unfallklinik in Ludwigshafen stationierte “Christoph 5“ der ADAC Luftrettung
Foto: Jörn Fries
Könnte nach Homburg/Saar ans dortige Uniklinikum verlegt werden und damit die Stationierung eines fünften rheinland-pfälzischen RTHs in Kaiserslautern überflüssig machen: der zurzeit auf dem Saarbrücker Winterberg stationierte RTH "Christoph 16"
Foto: Jörn Fries
Fliegt auch nachts Einsätze in Rheinland-Pfalz, im Saarland und im nördlichen Baden-Württemberg: der in Mittelhessen stationierte ITH der Johanniter Luftrettung (hier am Universitätsklinikum Homburg/Saar)
Foto: Tobias Klein
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