Angermünde: Kommt anstelle eines RTH nun ein NEH?
14.02.2013
Angermünde (MVP) :: Wie rth.info bereits mehrfach berichtete, soll in Angermünde (Landkreis Uckermark) ein weiterer, dann fünfter brandenburgischer Luftrettungsstandort entstehen. Spätestens im Sommer 2014 könne der geplante Rettungshubschrauber (RTH) in Angermünde abheben, sagte Brandenburgs Gesundheitsministerin Anita Tack (LINKE) am 14. November 2012 im Brandenburgischen Landtag.
Doch wenn es nach dem Willen von Helmut Kams, Inhaber der in Eberswalde ansässigen “Verkehrsfachschule Kams“ sowie eines Krankentransportunternehmens, ginge, dann würde wohl schon in Kürze ein Notarzteinsatzhubschrauber (NEH) das rund 6.000 km² große Gebiet luftrettungsdienstlich versorgen. In einem Interview, das der 64-Jährige vor wenigen Tagen mit der “Märkischen Oderzeitung“ (MOZ) führte, äußerte er sich zu seinem Projekt.
Laut eigenen Aussagen betreibt Kams seit 1993 Lobbyarbeit, um einen “RTH“ in Eberswalde oder Angermünde zu stationieren. Nun wolle er nach seinem bevorstehenden 65. Geburtstag seine beiden Unternehmen verkaufen und die künftige Luftrettungsstation betreiben: “Also die gesamte Einsatzplanung und -abrechnung, die Logistik zur Versorgung und Sicherstellung würde in meinen Händen liegen“, so zitiert ihn die MOZ. “Fähigkeiten dazu habe er nicht nur mit seiner unternehmerischen Tätigkeit seit 1979, sondern auch mit militärischen Erfahrungen bei den Luftstreitkräften erworben“, heißt es in dem Zeitungsartikel weiter. Kams habe sogar “schon Verbindungen zum Flugunternehmen Aeroheli in Neuhausen und der Johanniter-Luftrettung Brandenburg Nord-West [sic!] aufgenommen“.

Landet in der Uckermark demnächst ein NEH? Das Foto zeigt den in Kessin (Landkreis Bad Doberan/MVP) stationierten NEH “Rettung Doberan 64/82-1“
Foto: Jörn Fries
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Interessant ist an Kams' Vorstoß vor allem Folgendes: Der von Kams erwähnte und in der Stadt Brandenburg an der Havel ansässige JUH-Regionalverband Brandenburg-Nordwest stellt die HCM für den dortigen Zivilschutz-Hubschrauber “Christoph 35“. Und das von Kams ins Spiel gebrachte Luftfahrtunternehmen Aeroheli International GmbH & Co. KG ist ein Tochterunternehmen des im hessischen Reichelsheim ansässigen Unternehmens Heli-Flight GmbH & Co. KG. Dieses ist bereits seit Längerem in der Luftrettung aktiv: Im heimischen Reichelsheim in der Wetterau betreibt es - zusammen mit der Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. (JUH) - die beiden Intensivtransporthubschrauber (ITH) “Christoph Hessen“ und “Christoph Rhein-Main“ und im mecklenburgischen Kessin (Landkreis Bad Doberan) - in Zusammenarbeit mit dem privaten Rettungsdienstunternehmen Ambulanz Millich - den bundesweit einzigartigen Notarzteinsatzhubschrauber (NEH) “Rettung Doberan 64/82-1“. Einen NEH sieht Kams auch als das geeignetste Luftrettungsmittel an, um in der strukturschwachen Region den Notarzt schnell zur Einsatzstelle zu bringen. Doch statt einer Robinson R 44 wie in Kessin halte er die neue Robinson R 66 mit Turbine für geeigneter.

Wenn es nach dem Willen von Helmut Kams geht, dürfte dies schon in Bälde geschehen
Foto: Jörn Fries
Über die Finanzierung seiner Idee macht sich Kams keine Sorgen: Die Berliner Volksbank wolle, so Kams gegenüber der MOZ, sein Projekt mit einem Zwei-Millionen-Euro-Kredit unterstützen. Dabei sind seine bisherigen Bemühungen in Sachen “Luftrettung“ allesamt gescheitert: Sein Demonstrationsflug mit einem Notarzt-Hubschrauber von Eberswalde nach Bad Freienwalde im Jahr 2004 blieb ohne den von ihm erhofften Erfolg. Rund 300 Schaulustige verfolgten seinerzeit das Spektakel, als er mit dem Heli in sechs Minuten von seinem Firmengelände im Eberswalder Nordend bis zur Freifläche vor der Bad Freienwalder Rettungswache flog. Und als im Sommer 2010 die Hilfsfrist-Verstöße fast aller brandenburgischen Landkreise bekannt wurden, brachte Kams die Idee eines NEH für den Nordosten Brandenburgs erneut ins Spiel. Doch schon damals lehnte der zuständige Referent im Gesundheitsministerium Kams Ansinnen als “Unsinn“ ab.
Nun hoffen er und seine Partner auf Angermünde. Doch das Potsdamer Gesundheitsministerium hält weiterhin nichts von Kams' Idee, er könne dort eine NEH-Station aufbauen: “Unser Genehmigungsantrag liegt bei der Oberen Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg“, sagte der zuständige Referatsleiter Ulrich Widders der MOZ. “Wir haben mehrere Gutachten zur Eignung des Standorts, zu den Schallimmissionen und für die Untere Naturschutzbehörde erarbeiten lassen. Jetzt läuft das Prüfverfahren.“ Wenn die Genehmigung vorliege, werde der Bau und der Betrieb der Station europaweit ausgeschrieben. Danach entscheide das Gesundheitsministerium, wer den Zuschlag bekomme. Und dass dann anstelle eines RTH ein NEH zum Zuge käme, daran glauben wohl nur Kams und seine Partner.

Der Kartenausschnitt zeigt die Luftrettungslücke im Nordosten Brandenburgs
Foto: Werner Wolfsfellner MedizinVerlag
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- Quelle(n):
- www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1102693/ vom 12.02.2013