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40 Jahre Luftrettung in der Städteregion Aachen

19.12.2014

Seit eine Bell UH-1D als “SAR 72“ der Bundeswehr am 15.08.1974 ihren Dienst am Kreiskrankenhaus Würselen (heute Medizinisches Zentrum StädteRegion Aachen GmbH) ihren Dienst aufnahm, flog die Luftrettung in der Städteregion Aachen (früher Kreis Aachen) bis heute ca. 57.000 Einsätze, davon mehr als 30.000 von der ADAC-Luftrettung, die die Station im Jahr 1998 übernahm. „Christoph Europa 1“, so sein heutiger Funkrufname, ist von 7 Uhr am Morgen bis zum Sonnenuntergang im Einsatz. Nach Eingang der Alarmierung ist der Hubschrauber in weniger als zwei Minuten auf dem Weg zum Patienten.

SAR 72 an der alten Station Flugplatz Aachen-Merzbrück

SAR 72 an der alten Station Flugplatz Aachen-Merzbrück

Foto: Olaf Tampier

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Landung SAR 72 Krankenhaus Schleiden

Landung SAR 72 Krankenhaus Schleiden

Foto: Dr. Christian Hermanns

Festakt

An der Station von “Christoph Europa 1“ am Flugplatz Würselen-Merzbrück wurde in diesem Jahr das 40. Jubiläum im Rahmen eines Festaktes gewürdigt. In seiner Ansprache sagt der Städteregionsrat Helmut Etschenberg u. a.: „Die Luftrettung hat die notfallmedizinische Versorgung der Bevölkerung entscheidend verbessert, denn schon wenige Minuten können für die zukünftige Lebensqualität eines Patienten entscheidend sein“ und zum Einsatzgebiet, dass auch Teile Belgiens und der Niederlande umfasst: „Mit seinen Einsätzen in den Niederlanden und Belgien leistet die Luftrettung einen Beitrag zur europäischen Einheit“. Es gebe aber immer noch bürokratische Hürden, die endlich anzupassen wären.

Thomas Burkhardt, Vizepräsident für Technik des ADAC e. V., betonte beim Festakt, dass sich die Einsatzschwerpunkte der Luftretter im Laufe der vergangenen Jahrzehnte verschoben hätten. Die Versorgung von Unfallopfern im Straßenverkehr war in der Anfangszeit ihre Hauptaufgabe. „Damals gab es jährlich 20.000 Verkehrstote in Deutschland. Heute sind es noch 4.000“. Dies sei auch eine Folge der professionellen Luftrettung, fügte Burkhardt an. Heute sei die Luftrettung ein moderner medizinischer Dienstleister mit einem breiten Spektrum an Einsätzen.

SAR 72 übernimmt Patienten am Krankenhaus Schleiden

SAR 72 übernimmt Patienten am Krankenhaus Schleiden

Foto: Dr. Christian Hermanns

Christoph Europa 1 und Christoph Rheinland an der Station am Flugplatz Aachen-Merzbrück

Christoph Europa 1 und Christoph Rheinland an der Station am Flugplatz Aachen-Merzbrück

Foto: Tim und Ralph Nußbaum

Tag der offenen Tür

Am folgenden Wochenende konnten sich interessierte Besucher, im Rahmen des 100-jährigen Jubiläums des Flugplatzes Merzbrück, „Christoph Sim“, eine EC BK 117 (D-HTIB) anzusehen. Im Normalfall wird “Christoph Sim“ als Trainingssimulator an der ADAC HEMS Academy in Sankt Augustin eingesetzt. Von dieser Möglichkeit machten, trotz des wechselhaften Wetters, mehrere hundert Besucher Gebrauch.

rth.info möchte das Jubiläum zum Anlass nehmen, um einen kleinen Rückblick auf die Geschichte der Luftrettung in der Städteregion Aachen zu geben.

Christoph Europa 1 an der Station am Flugplatz Aachen-Merzbrück

Christoph Europa 1 an der Station am Flugplatz Aachen-Merzbrück

Foto: Tim und Ralph Nußbaum

Start Christoph Europa 1 an der Feuer- und Rettungswache der Stadt Stolberg

Start Christoph Europa 1 an der Feuer- und Rettungswache der Stadt Stolberg

Foto: Tim und Ralph Nußbaum

Blick zurück

Als erster Luftrettungsstandort des SAR-Dienstes ohne direkte Anbindung an ein Bundeswehr-Rettungszentrum wurde am 15.08.1974 eine Bell UH-1D als “SAR 72“ in Dienst gestellt. Standort war das Kreiskrankenhaus Marienhöhe in Würselen. Maschine und Besatzung wurden durch das Hubschraubertransportgeschwader (HTG) 64 aus Ahlhorn gestellt, die Notärzte kamen vom Krankenhaus Marienhöhe in Würselen gestellt. Disponiert wurde der Retungshubschrauber von der Leitstelle des Kreises Aachen in Simmerath. Durch die unmittelbare Lage des Krankenhauses zu einem Wohngebiet gab es immer wieder Beschwerden von Anwohnern über Lärmbelästigungen des RTH. Als Vater des “SAR 72“ gilt der frühere Kreis-Oberverwaltungsrat und Leiter des Amtes für Zivilschutzes Albert Willekens. Er war wesentlich am Aufbau der Luftrettung in der Region Aachen beteiligt.

Ab dem 01.03.1996 starteten die Luftretter dann vom Flugplatz Aachen-Merzbrück. Hier war die Crew in einem ehemaligen Kasernengebäude der belgischen Force Aérienne Belge untergebracht. Die Maschine musste nach Ende der Einsatzbereitschaft in einen Hangar umgesetzt werden, der mehrere hundert Meter vom Stationsgebäude entfernt war. Die Alarmierung erfolgte weiterhin über die Leitstelle des Kreises Aachen in Simmerath.

Sehr schnell wurden auch in Belgien und Niederlanden die Vorteile der Luftrettung wahrgenommen, sodass es auch zu grenzüberschreitenden Einsätzen in den Nachbarländern kam. In den Niederlanden wurde im Jahr 1984 eine offizielle Regelung unterschrieben, für die im Vorfeld die niederländischen Luftverkehrsbestimmungen geändert werden mussten. Bis dahin mussten Besatzungen von Rettungshubschraubern bei Einsätzen in den Niederlanden befürchten, jenseits der Grenze wegen Verstoßes gegen die niederländischen Luftfahrtbestimmungen festgenommen zu werden. Diese Bestimmungen verboten bis dahin das Landen von Hubschraubern außerhalb von Flughäfen.

Landung Christoph Europa 1 am UK Aachen

Landung Christoph Europa 1 am UK Aachen

Foto: Tim und Ralph Nußbaum

Start Christoph Europa 1 am Krankenhaus Bardenberg

Start Christoph Europa 1 am Krankenhaus Bardenberg

Foto: Tim und Ralph Nußbaum

Bis zum 1. Januar 1995 war “SAR 72“ von 07.30 Uhr bis Sonnenuntergang einziges Notarzteinsatzmittel im Kreis Aachen. Es gab drei NEF-Stützpunkte (Würselen, Eschweiler/Stolberg und Simmerath), die nur nach der Einsatzbereitschaft des RTH, nachts oder bei fehlender Einsatzbereitschaft (z.B. Wetter, technische Probleme), besetzt wurden. Der Hubschraubernotarzt stieg nach Beendigung der Einsatzbereitschaft auf ein NEF am Rettungszentrum Würselen um und war somit, zu dieser Zeit, der einzige Notarzt mit 24h-Bereitschaft im gesamten Kreisgebiet. Durch die stark gestiegenen Einsatzzahlen und die ständig wachsende Zahl an überörtlichen Alarmierungen wurden ab 1995 zusätzlich zwei bodengebundene Notarztstandorte rund um die Uhr besetzt.

Leider blieb auch dieser Luftrettungsstandort von Unfällen nicht verschont. Am 04.05.1989 machte die Maschine mit der Kennung 70+67 im Landeanflug auf eine Einsatzstelle im Raum Stolberg (Rheinland)-Donnerberg eine Bruchlandung. Glücklicherweise wurden keine Personen ernsthaft verletzt. Die betroffene Maschine wurde anschließend beim Luftwaffenausbildungsregiment 3 in Roth nur noch zu Ausbildungszwecken genutzt. Am 28.02.1998 endete nach 26.500 Einsätzen, 6.079 Flugstunden und 1.010.187 geflogenen Kilometern die Bundeswehrära.

Christoph Europa 1, Christoph Dortmund und Christoph 9 auf dem alten Landeplatz des UK Aachen

Christoph Europa 1, Christoph Dortmund und Christoph 9 auf dem alten Landeplatz des UK Aachen

Foto: Tim und Ralph Nußbaum

Start Christoph Europa 1 im Stadtgebiet Aachen

Start Christoph Europa 1 im Stadtgebiet Aachen

Foto: Tim und Ralph Nußbaum

Ab dem 01.03.1998 übernahm die heutige ADAC Luftrettung gGmbH die Station. Mit einer Maschine vom Typ EC 135, die den Rufnamen “Christoph Europa 1“ erhielt, werden Einsätze in Deutschland, Belgien und den Niederlanden geflogen. Diese Bezeichnung wurde gewählt (statt “Christoph 21“), um den grenzüberschreitenden Einsatzraum bereits im Rufnamen zu verdeutlichen. Neben den Piloten, die von der ADAC Luftrettung gGmbH gestellt werden, umfasst die Crew aktuell noch eine/n Notärztin/Notarzt vom Medizinischen Zentrum der Städteregion Aachen GmbH und eine/n HEMS TC (kurz für “Helicopter Emergency Medical Service Technical Crew Member“ der DRK Rettungsdienst gGmbH Kreis Aachen. Zuständige Leitstelle ist die Integrierte Leitstelle Städteregion Aachen am Standort der Hauptfeuerwache der Feuerwehr Aachen.

Bis 2010 diente das alte Gebäude als Unterkunft. Nachdem im Jahr 2008 Pläne zu einem Stationsneubau bekannt wurden, brachte sich das Universitätsklinikum Aachen mehrfach als Standort für “Christoph Europa 1“ ins Gespräch. Der ADAC entschied sich Ende 2008 dann endgültig zu einem Stationsneubau am Flugplatz Würselen-Merzbrück. Im Juli 2010 konnte “Christoph Europa 1“ die für über zwei Millionen neu gebaute Station beziehen. Neben einem auf dem neuesten Stand befindlichen Gebäudekomplex wurde eine fahrbare Plattform und eine eigene Tankanlage mit 50 m³ Volumen gebaut.

Start Christoph Europa 1 an der Feuer- und Rettungswache der Stadt Eschweiler

Start Christoph Europa 1 an der Feuer- und Rettungswache der Stadt Eschweiler

Foto: Tim und Ralph Nußbaum

Christoph Europa 1 und Lifeliner 3 aus Nijmegen auf dem alten Landeplatz des UK Aachen

Christoph Europa 1 und Lifeliner 3 aus Nijmegen auf dem alten Landeplatz des UK Aachen

Foto: Tim und Ralph Nußbaum

Auch im Umfeld gab es immer wieder Veränderungen. So wurde am 09.07.2011 am Universitätsklinikum Aachen eine Landeplattform in Betrieb genommen, die den bis dahin genutzten Bodenlandeplatz ersetzte. Auch an anderen Krankenhäusern setzt sich die Umstellung auf Dachlandeplätze fort. Am 01.12.2014 wurde der Dachlandplatz des Medizinischen Zentrums der Städteregion Aachen GmbH in Würselen eröffnet. Das St.-Antonius-Hospital in Eschweiler plant die Inbetriebnahme seines Dachlandeplatzes im Frühjahr 2015.
Mittlerweile gehört “Christoph Europa 1“ zu den Luftrettungsmitteln mit den Deutschlandweit meisten Einsätzen. Im Jahr 2013 lag die Station mit 2.238 Einsätzen vor “Christoph 31“ aus Berlin an der Spitze.

Die Autoren und das gesamte rth.info-Team wünschen Christoph Europa 1 und seiner Crew allzeit guten Flug und jederzeit eine sichere Landung.

Autoren

Wir danken:
Dr. Christian Hermanns für die zur Verfügung gestellten Fotos

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Über rth.info und unser Themenspektrum

Wir vom Nachrichtenmagazin rth.info berichten ehrenamtlich über Rettungshubschrauber, also notfallmedizinisch ausgerüstete und besetzte Helikopter, die im Rettungsdienst eingesetzt werden. Hubschrauber sind wertvoll als Rettungsmittel, da sie schnell, wendig und unabhängig vom Straßennetz sind. Ebenso dienen sie zum eiligen Transfer von Intensivpatienten zwischen Kliniken.

Für die Luftrettung besteht ein dichtes Standortnetz – sowohl von Rettungshubschraubern, als auch von Intensivtransport-Hubschraubern für den Interhospitaltransfer (siehe unsere Standortkarte). Die Standorte werden von staatlichen und nichtstaatlichen Betreibern unterhalten. Die ADAC Luftrettung stellt die meisten zivilen Rettungshubschrauber in Deutschland. Die DRF Luftrettung betreibt auch besonders viele Luftrettungszentren in Deutschland. Ihr Vorgänger war die Deutsche Rettungsflugwacht e.V. – bis zum Wechsel von Name und Rechtsform (2008). Weitere wichtige Betreiber, darunter das Bundesministerium des Innern mit seinen Zivilschutzhubschraubern, stellen wir hier vor.

Hubschrauber ergänzen den Rettungsdienst am Boden in medizinischen Notlagen. Sie sollen nicht den Bodenrettungsdienst ersetzen, da Rettungshubschrauber nicht allwetterfähig sind. Luftretter unterscheiden mehrere Einsatzarten. Die wichtigsten sind primäre Notfalleinsätze an einem Einsatzort und sekundäre Patiententransporte von einer Klinik zur anderen. In der Luftrettung kommt komplexe notfallmedizinische Technik zum Einsatz, die u.a. Anaesthesie, Chirurgie, Innere Medizin und Pädiatrie abdeckt.

"Helicopter Emergency Medical Services", kurz HEMS, ist die englische Bezeichnung für Luftrettungsdienst. Der Assistent des Notarztes wird daher als HEMS TC bzw. HEMS Crew Member bezeichnet. Zahlreiche Piloten verdienen in der Luftrettung ihren Lebensunterhalt – für viele Fans ein Traumberuf. Die Betreiber setzen viele Flugstunden und Erfahrung voraus.

Der aktuell bedeutsamste europäische Hubschrauberhersteller ist Airbus Helicopters mit seinen Baumustern H135, H145, und weiteren. Der US-amerikanische Hubschrauberhersteller Bell hat mit den Baumustern Bell 212, Bell 222, Bell 412, die Luftrettung mit geprägt, aber seit ca. 2010 Marktanteile an Airbus Helicopters verloren. Beschreibungen weiterer Hubschrauber-Hersteller finden Sie in unseren Typentexten.

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