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AOK: Ab 15. September fliegt ‘Christoph 11‘ im 24-Stunden-Betrieb

22.07.2017

Villingen-Schwenningen (BWÜ) ::  Die Krankenkassen als Kostenträger gehen davon aus, dass ab dem 15. September “Christoph 11“ als 24-Stunden-Hubschrauber vom neuen Zentralklinikum Villingen-Schwenningen abhebt. Dies teilte die Pressestelle der AOK Baden-Württemberg der “Badischen Zeitung“ auf Anfrage mit (siehe Weblink im Kontextbereich dieser News). Allerdings steht die luftfahrtrechtliche Genehmigung durch das zuständige Regierungspräsidium in Stuttgart noch aus.

Diese offenbar zwischen AOK, Innenministerium und DRF Luftrettung als jetzigem Betreiber der Station Villingen-Schwenningen ausgehandelte Lösung dürfte nicht nur bei der in Winnenden (Rems-Murr-Kreis) ansässigen Björn Steiger Stiftung für Kopfschütteln gesorgt haben. Denn das Ganze stellt sich somit als Erweiterung der aktuell gültigen Betriebsgenehmigung dar, so dass auf die beispielsweise von der ADAC Luftrettung geforderte Ausschreibung eines ITH-Standortes für Baden-Württemberg komplett verzichtet werden kann. Und da im Rettungsdienstgesetz von Baden-Württemberg weder die ADAC Luftrettung noch die Björn Steiger Stiftung Luftrettung gGmbH als so genannte Leistungsträger expressis verbis benannt werden, dürfte es beiden Organisationen schwerfallen, gegen diese Entscheidung juristisch vorzugehen.

Die DRF-Station “Christoph 11“, an der seit dem 1. Juli statt der EC 135 die größere H145 stationiert ist, dürfte somit ab Mitte September den Status einer Dual-Use-Station bekommen: “Christoph 11“ steht ab dann vorrangig als primäres Luftrettungsmittel zur Verfügung, kann bei Bedarf aber auch landes- und darüber hinaus sogar bundesweit luftgebundene Intensivtransporte durchführen – und dies 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche.

Seit dem 1. Juli fliegt in Villingen-Schwenningen die H145 anstelle der EC 135

Seit dem 1. Juli fliegt in Villingen-Schwenningen die H145 anstelle der EC 135

Foto: Michael Mau

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Diese Vorab-Entscheidung für den DRF-Standort Villingen-Schwenningen hat aber auch Auswirkungen auf den von der Björn Steiger Stiftung Luftrettung gGmbH ins Spiel gebrachten (Interims-)Standort Rickenbach-Hütten. Denn gleich zwei Intensivtransporthubschrauber (ITH) im südlichsten Teil von Baden-Württemberg sind weder ökonomisch noch notfallmedizinisch sinnvoll. Auch der von Ulrich Schreiner, dem Geschäftsführer der Björn Steiger Stiftung Luftrettung gGmbH, gegenüber der “Badischen Zeitung“ ins Spiel gebrachte Vorschlag, den ITH in Rickenbach dann halt nur von 6 bis 22 Uhr einsatzbereit vorzuhalten, ist nur auf den ersten Blick überzeugend. Diese Lösung könnte zwar tagsüber den Dual-Use-Hubschrauber “Christoph 11“ von langwierigen Intensivtransporten entlasten, hätte aber den Nachteil, dass dann der Rickenbacher Hubschrauber stundenlang außerhalb seines Einsatzgebietes operieren würde. Dabei sollte dieser nach Angaben Schreiners und des Ärztlichen Leiters des Kreises Waldshut mit einer Rettungswinde ausgerüstet auch für primäre Notfalleinsätze im rettungsdienstlich und notärztlich unterversorgten Rettungsdienstbereich zur Verfügung stehen – und dies im 24/7-Betrieb!

Ein weiteres Manko des jetzt von Schreiner avisierten Lösungsvorschlags bliebe indes bestehen: Der geplante Steiger-ITH stünde, wie Experten hinter vorgehaltener Hand sagen, zu weit im Süden. Die Grenze zur Schweiz ist nahe, und bislang ist nicht bekannt, dass es hier grenzüberschreitende Absprachen bezüglich der Primär- und Sekundärrettung durch den neuen Helikopter gebe. Auch die Vorgabe seitens der baden-württembergischen Landesregierung, den Interimsstandort Rickenbach-Hütten mindestens zehn Jahre lang zu betreiben (eigentlich wollte die Steiger-Stiftung ihren ITH in Höchenschwand stationieren, das Genehmigungsverfahren für diesen Standort wurde aber als zu langwierig angesehen, rth.info berichtete), dürfte bei der Stiftung auf wenig Gegenliebe stoßen. Erschwerend kommt hinzu, dass der von der Steiger-Stiftung ins Spiel gebrachte Partner Heli Travel Munich (HTM) zurzeit nicht (mehr) im HEMS-Sektor tätig ist. Entsprechende Aktivitäten im Offshore-Sektor wurden bereits vor Längerem eingestellt. Da helfen auch die beschwichtigenden Töne aus dem Innenministerium, die jüngst zu hören waren, nicht weiter.

Heli Travel Munich (HTM) als möglicher Partner der Björn Steiger Stiftung fliegt nur gelegentlich im HEMS-Sektor (hier im August 2016 als “Christoph Rostock“-Ersatz)

Heli Travel Munich (HTM) als möglicher Partner der Björn Steiger Stiftung fliegt nur gelegentlich im HEMS-Sektor (hier im August 2016 als “Christoph Rostock“-Ersatz)

Foto: Julian Giptner

Ob man einen Hubschrauber mit dem Steiger-Stern im Südschwarzwald sehen wird, steht zurzeit in den Sternen (hier eine BO 105 im Jahr 2007 als “Christoph 11“ im alten DRF-CorporateDesign)

Ob man einen Hubschrauber mit dem Steiger-Stern im Südschwarzwald sehen wird, steht zurzeit in den Sternen (hier eine BO 105 im Jahr 2007 als “Christoph 11“ im alten DRF-CorporateDesign)

Foto: Jörn Fries

Also: Es bleibt spannend in Sachen “24/7-ITH in Baden-Württemberg. rth.info wird die Entwicklung auch weiterhin aufmerksam beobachten.

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Hubschrauber ergänzen den Rettungsdienst am Boden in medizinischen Notlagen. Sie sollen nicht den Bodenrettungsdienst ersetzen, da Rettungshubschrauber nicht allwetterfähig sind. Luftretter unterscheiden mehrere Einsatzarten. Die wichtigsten sind primäre Notfalleinsätze an einem Einsatzort und sekundäre Patiententransporte von einer Klinik zur anderen. In der Luftrettung kommt komplexe notfallmedizinische Technik zum Einsatz, die u.a. Anaesthesie, Chirurgie, Innere Medizin und Pädiatrie abdeckt.

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