Falschmeldung von “Spiegel Online“ verbreitet sich
31.12.2015
Berlin (BLN) :: Nachdem die Redaktion der bekannten Nachrichtenseite “Spiegel Online“ am 21.10.2015 einen teilweise haarsträubend schlecht recherchierten Artikel zum Thema Luftrettung veröffentlicht hatten, sind nun andere Medien auf den gleichen Zug aufgesprungen.
“Spiegel online“ hatte berichtet, die Luftrettung sei gefährdet, weil die Bundeswehr im SAR-Dienst noch die Bell UH-1D einsetzt. Jegliche Differenzierung der sehr unterschiedlichen Aufgaben von SAR-Dienst und ziviler Luftrettung, und der unterschiedlichen Besetzung der Hubschrauber, wurde dabei außer Acht gelassen. Ob das zur Erzielung von Klickzahlen aufgrund einer dramatischeren Schlagzeile (“Fehlplanung der Bundeswehr: Deutschland drohen Lücken bei der Luftrettung“), oder aufgrund eines redaktionellen Fehlers der Autoren Gebauer und Traufetter geschah, bleibt wohl das Geheimnis der Redaktion.
Auch der online wie offline sehr umfassend dokumentierte Ausstieg der Bundeswehr aus der Zivilluftrettung von den sogenannten Rettungszentren blieb unerwähnt. Stattdessen heißt es bei “Spiegel online“, dass “die Bundeswehr seit einigen Jahren wesentliche Teile der zivilen Luftrettung, zum Beispiel bei Autounfällen“ übernehme. Hier werfen die Autoren das gelegentliche Aushelfen der SAR-Hubschrauber bei zivilen Einsätzen mit der regulären Luftrettung völlig durcheinander. Traurigerweise führten auch zahlreiche Nutzerkommentare, die auf die Fehler hinwiesen, nicht zu Änderungen am Artikel.
Auch andere Medien verbreiten falsche Hintergrundinformationen
Auch die “Thüringer Allgemeine“ sprang nun auf den Zug auf, den Spiegel online mit seiner irreführenden Berichterstattung ins Rollen gebracht hatte. “Zivile Luftrettung nur „bedingt einsatzbereit““, titelte die Regionalzeitung online. Es folgte "derwesten.de" mit weiteren abstrusen Thesen:
„Kritik an der zivilen Luftrettung“ / „Bedingt einsatzbereit (...) Zuständig für die zivile Luftrettung über Land, auch SAR-Dienst (...) genannt, ist das Verkehrsministerium."
Die "Berliner Morgenpost" brachte eine fast gleich lautende Schlagzeile.
Moderne Technik in der zivilen Luftrettung: Hier eine EC 135 der neuesten Generation im Einsatz als “Christoph 25“ in Siegen
Foto: Frank Schumann
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DRF Luftrettung veröffentlicht Klarstellung
Inwiefern auch irreführende Angaben aus der Politik zu dem Informationsdebakel beigetragen haben könnten, ist ebenfalls unklar. Jedenfalls sah sich die DRF Luftrettung bereits genötigt, eine Pressemitteilung zu publizieren, in der sie die groben Schnitzer klarstellt. So heißt es darin:
“Deutschland verfügt über ein flächendeckendes professionelles Luftrettungssystem, das durch die DRF Luftrettung, die ADAC Luftrettung und die Bundespolizei mit hochmodernen Hubschraubern an 365 Tagen im Jahr, teilweise rund um die Uhr, sichergestellt wird. (...) Die Organisation des Rettungsdiensts liegt in Deutschland in der Verantwortung der einzelnen Bundesländer. Dazu gehört auch die zivile Luftrettung. Die Bundeswehr ist an der zivilen Luftrettung in Deutschland seit dem Jahr 2006 nicht mehr beteiligt. Sie ist im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums zuständig für den SAR-Dienst (Search and Rescue). Originärer Einsatzzweck des SAR-Dienstes ist die Suche und Rettung vermisster Insassen von Wasser- und Luftfahrzeugen. Der SAR-Dienst der Bundeswehr ist damit nicht zu verwechseln mit der zivilen Luftrettung in Deutschland.“
Bestand der Fluggeräte der Bundeswehr insgesamt weiterhin veraltet
Eines immerhin ist sowohl von “Spiegel online“ als auch von der “Thüringer Allgemeine“ völlig zutreffend beschrieben: Die flugtechnische Ausstattung der Bundeswehr hinkt seit Jahren den Notwendigkeiten hinterher. Gerade beim fliegenden Matieral machen sich Fehlplanungen und Verzögerungen bei der Einführung neuer Waffensysteme auch dahingehend bemerkbar, dass auch Rettungsmissionen des Militärs – egal ob über Wasser oder über Land – nicht von den Innovationen neuer Fluggerätegenerationen profitieren können.
Alt und neu: “SAR 41“ mit der althergebrachten Bell UH-1D zu Gast beim “Christoph 10“ in Wittlich mit Fluggerät neuester Generation
Foto: Simon Classen