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Neubeschaffung Marinehubschrauber – Minister in der Kritik

26.08.2013

Berlin (BLN) ::  Nachdem in der jüngeren Vergangenheit bekannt wurde, dass die Beschaffungsentscheidung für den neuen Marinehubschrauber zu Gunsten des navalisierten NH-90 NFH-NGEN (Nato Frigate Helicopter- New Generation) „Sea Lion“ gefallen ist, blieb zunächst offen, ob mit ihnen zunächst das Muster „Sea King Mk. 41“ oder „Sea Lynx Mk.88A“ oder gar beide ersetzt werden sollen. Nun äußerte sich der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Axel Schimpf, erstmals öffentlich aus Anlass des 100-jährigen Jubiläums der Marineflieger in einem Interview auf www.marine.de:

„Alle Vorhaben der Marinefliegerei sind im Gesamtplan der Rüstungsprojekte hoch priorisiert, was mich zuversichtlich stimmt, dass die Marineflieger auch in Zukunft richtig aufgestellt sein werden. Das gilt auch für die Entscheidung in der Jahresmitte, den längst überfälligen Ersatz der 40 Jahre alten 'Sea King' Hubschrauber durch 18 Nachfolger des Typs 'Sea Lion' einzuleiten."

Bereits im Jahre 2011 gab es eine Ausschreibung über die Beschaffung von insgesamt 30 neuen Hubschraubern für die Marine, die dann aber aufgrund fehlender Mittel im Haushalt zurückgezogen wurde. Seinerzeit ging man davon aus, dass das neue Muster sowohl den Sea King in der SAR- und Marineunterstützungsrolle als auch den Sea Lynx in der Rolle als Bordhubschrauber für die Über- und Unterwasserseekriegsführung gleichermaßen ersetzen könne. Im Zuge dieser Beschaffungsabsicht kam jedoch ein unter Verschluss gehaltenes Dokument der Bundeswehr zu dem Schluss, dass der NH-90 als „mehrrollenfähiger Hubschrauber“ für die Marine ungeeignet sei. Auf der Seite des Verbrauchers favorisierte die Marine deshalb das amerikanische Muster „CH-148 Cyclone“ aus dem Hause Sikorsky.

Als sich der Bund und Eurocopter jedoch Mitte März auf eine Reduktion der für die Heeresflieger zu beschaffenden NH-90 TTH-Transporthelikopter und Tiger-Unterstützungshubschrauber einigten, wurden gleichzeitig 18 NH-90 in der Marineversion für 915 Millionen Euro bestellt. Schnell wurde gemutmaßt, dass es sich im Fall der Marinehubschrauber um eine Kompensationsleistung handele. Auch wenn, so Vizeadmiral Schimpf, man konzeptionell vom gewünschten Alleskönner in einem Muster abgedrückt sei, wurde diese Entscheidung beim Marinefliegerkommando und dem Marinefliegergeschwader 5 in Nordholz mit einer gewissen Enttäuschung aufgenommen.

Nun steht für dieses Vorgehen aber auch der Verteidigungsminister Thomas de Mazière in der Kritik. Zunächst wurde vom Verteidigungsausschuss des Bundestages nach der geplatzten Ausschreibung gefordert, die Beschaffung des neuen Marinehubschrauber im Parlament zu beratschlagen. Stattdessen setzte sich das BMVg darüber hinweg und ließ das Vorhaben im Alleingang beim Haushaltsausschuss bewilligen. Politiker aus den Oppositionsparteien bezeichneten dieses Vorgehen als „inakzeptabel“ und als „unfassbaren Vorgang am Parlament vorbei“. Der Bundesrechnungshof äußerte ebenso seine Bedenken und rügte die Entscheidung aufgrund ihrer Wettbewerbswidrigkeit. Auch bei der Europäischen Kommission in Brüssel sei derzeit ein Beschwerdeverfahren wegen Verstößen gegen das europäische Wettbewerbs und Vergaberecht anhängig.

Das Abkommen mit Eurocopter von März 2013 steht seitdem in der Kritik, weil die Reduktion um 63 nun, nicht zuletzt durch die Beschaffung des „Sea Lion“, nur zu einer Kaufpreisersparnis von 224 Millionen führe. Demnach stünden einer Stückzahlreduktion von 22% ein um nur 2,7% geringerer Kaufpreis gegenüber.

Ob das neue Muster überhaupt noch als SAR-Hubschrauber von der Marine eingesetzt werden wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Die Maschinen stünden frühestens ab Ende 2017 zur Verfügung. Es gibt zwar keine Hinweise oder Absichtserklärungen der Marine oder des Verteidigungsministeriums, sich aus dem SAR-Dienst über See zurückzuziehen, dennoch verdichten sich in der Fachwelt indes die Hinweise darauf, dass die Bundespolizei-Fliegergruppe an einer Übernahme dieses Aufgabenbereichs ernsthaft interessiert sei (rth.info berichtete).

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