Neue Dimension in Schweizer Luftrettungsstreit
03.08.2013
Bern (CH) :: Der Streit um die Zuständigkeitsbereiche der Schweizer Luftrettungsmittel erreicht nun mit der Kündigung der Zusammenarbeit zwischen der Schweizer Rettungsflugwacht (REGA) und den Air-Glaciers eine neue Dimension. Nachdem die REGA jüngst ihre Vormachtstellung im Kanton Aargau dem TCS überlassen musste (rth.info berichtete), kam nun auch von den Air-Glaciers Lauterbrunnen ein Vorwurf. Die REGA, so hieß es, habe in der Vergangenheit bevorzugt ihre eigenen Hubschrauber (vor allem im Berner Oberland) eingesetzt, obwohl die Helikopter der Air-Glaciers einen kürzeren Weg zum Einsatzort gehabt hätten.
Denn auch die Air-Glaciers werden, wie auch bis vor kurzem der Helikopter der „Alpine Air Ambulance“ / TCS in Birrfeld, von der REGA-Einsatzzentrale disponiert. Dieses erfolgt, weil die örtlichen (Rettungs) -Leitstellen keine vergleichbaren Voraussetzungen zur Disposition von Luftrettungsmitteln aufweisen.
Die REGA habe die Air-Glaciers gar provoziert, da sie bei Bergrettungen im Umfeld der Air-Glaciers-Basis nicht deren einsatzbereiten Helikopter alarmierte, sondern die eigenen Hubschrauber zum Unglücksort schickte, so Air-Glaciers-Pilot Peter Balmer bei einer Medienkonferenz in Lauterbrunnen. Gerade im Bereich von Bergrettungseinsätzen weisen die Air-Glaciers Erfahrungen auf, u.a. mit einer von der „Alpine Air Ambulance“ (AAA) geleasten EC 135 in Lauterbrunnen.
Doch nicht immer ist nur die Lage des Einsatzortes entscheidend, sondern auch weitere Faktoren, wie Verletzungsmuster oder nötiges Equipment. Aus diesen Gründen war in der Vergangenheit öfter der Einsatz des weiter entfernten REGA-Helikopters nötig, so REGA Mediensprecherin Ariane Güngerich in der Online-Ausgabe der Südostschweiz-Presse. In einer ausführlichen Stellungnahme auf der Internetpräsenz gab die Rettungsflugwacht am vergangenen Donnerstag bekannt, dass sie ab dem 19. August als Konsequenz der öffentlichen Beschuldigungen der Air-Glaciers deren Forderung nachkomme, sie nicht mehr zu disponieren.
Die Schweizer Rettungsflugwacht beendet somit die Zusammenarbeit mit den Air-Glaciers. Ab diesem Zeitpunkt müssen dann die von örtlichen Betreibern geführten und unabhängigen Leitstellen des Kantons Bern die Disposition der Luftrettungsmittel übernehmen und somit auch entscheiden, welcher Betreiber zum Zuge kommt und den jeweiligen Einsatz fliegen soll. So erklärt die REGA wörtlich:
„Unter den gegebenen Umständen ist die Basis für eine vernünftige operationelle Zusammenarbeit derzeit nicht mehr gegeben. Der Druck und die angespannte Atmosphäre führen zu Verunsicherung und könnten Fehler im Einsatz nach sich ziehen, was sich nachteilig auf die Sicherheit der Patienten, Einsatzcrews und Dritter auswirken könnte. Aus diesem Grund und zur Beruhigung der Situation geht die Rega auf die Forderungen der Air-Glaciers ein und verzichtet darauf, die Helikopter der Air-Glaciers im Kanton Bern zu disponieren.“
Nun stehe die Berner Notrufzentrale vor einer „ganz neuen Situation“, so Daniel Baumberger von der Sanitätspolizei Bern, welche die Notrufzentrale betreibt. Er erklärt gegenüber der Presse, die beteiligten Instanzen müssten sich zusammensetzen und über die Zukunft reden.
Denn wie im Aargau ist dies wohl auch in Bern keine letztendliche Lösung, die alle Beteiligten zufrieden stellen wird. rth.info wird Sie zu diesem Thema auch weiterhin auf dem Laufenden halten.
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Die REGA ist der größte Schweizerische Luftrettungsanbieter, sie betreibt 13 Helikopterbasen
Foto: Rega
Das Unternehmen Air-Glaciers hat unterschiedliche Hubschrauber in der Schweiz stationiert, die nicht nur im Rettungsdienst sondern auch für Transport- und Passagierflüge, Heliskiing, uvm. eingesetzt werden
Foto: Matthias Hansen
EC 135 T1 als Rettungshubschrauber der Air Glaciers mit einer medizinischen Ausrüstung von Air Ambulance Technology (AAT) am Standort Lauterbrunnen
Foto: Matthias Hansen
Man darf gespannt auf die zukünftige Entwicklung der Schweizer Luftrettungsbetreiber schauen
Foto: Rega
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